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Archiv-Artikel

weinprobe Frühlings Erwachen und verrückte Spanier

Es ist eine komische Jahreszeit. Man spürt den Frühling schon, aber er versteckt sich noch. Hinter Nieselregen, Schneeschauern und Tristesse. Dabei sehnt sich der Mensch jetzt nach etwas Wärme und Heiterkeit. So ist es auch mit dem Wein. Schwerblütigen Roten mag man jetzt eigentlich nicht mehr trinken. Er lähmt, stimmt eher bleiern. Denn die Zeichen stehen auf Leichtigkeit und Aufbruch, die Seele will wieder frei schwingen. Andererseits, so ganz mag man die duftigen und intensiven Aromen der Winterweine doch nicht missen. Schließlich versöhnen sie uns mit der Kälte um uns herum. Zum Glück gibt es Weine, die genau dieser Stimmungslage gerecht werden. Hier sind zwei, die Leichtigkeit und Aromenfülle zugleich verkörpern. Seelenfutter für die komische Jahreszeit.

Weiß: 2002 „Synera“, Bodegas Roqueta, Catalunya, Spanien, 4,20 € bei „Der Rioja-Weinspezialist“ Berlin, Akazienstr. 13, 10823 Berlin (Schöneberg), Reichenhaller Str. 1, 14199 Berlin (Wilmersdorf), und am Savignyplatz 3, 10623 Berlin (Charlottenburg).

Ein irrer Duft. Aprikosen ohne Ende. Man könnte süchtig werden, wenn man am Glas schnuppert. Im Mund dann die nächste Überraschung: Saftige Frische, mit einem Touch von Grape-fruit. Dieser weiße Spanier ist voller Kontraste: Üppiger Duft und herber, knochentrockener Geschmack. Und die vitale Frische sorgt für Nervenkitzel pur. Zugleich sehr klar im Geschmack, aber ziemlich exzentrisch. Ein verrücktes Zeug. Bringt Schwung in den müden Leib. Synera kommt aus den kühlen Bergen, nördlich von Barcelona. Hier wachsen einige der besten spanischen Weißweine. Denn die Kühle der Berge bewahrt während des Wachstums in den Trauben die Aromen und die Frische. Passt super zu frischen Salaten mit Huhn oder Meeresgetier, zu edlen Meeresfischen. Auch als Aperitif bestens geeignet.

Rot: 2002 „Milflores“, Bodegas Palacio, Rioja, Spanien, 6,35 € bei „ Der Rioja-Weinspezialist“ (s. o.).

Milflores bedeutet tausend Blüten. Die Flasche, liebevoll bemalt mit Margeriten, Tulpen und Veilchen, gibt den richtigen Auftakt: südlich heiter und unbekümmert, mit leichtem Schuss ins Kitschige – Understatement: Denn der Wein ist alles andere als kitschig. Sein Duft überrascht mit sehr feinen und komplexen Aromen. Sie erinnern in der Tat an Blüten und reife Früchte. Daneben aber auch mineralische und ernste Töne. Aber all das ist sehr nuanciert und überaus dezent, ja vornehm. Im Mund setzen sich die fein abgestimmten Aromen fort. Ein sanfter Rioja, der trotzdem Nachhaltigkeit und Konzentration besitzt. Leicht, aber kein Leichtgewicht. Jung, aber schon trinkreif. Sorgfältig gemacht: gute Haltbarkeit für zwei Jahre. Passt wunderbar zu Salaten, Geflügel, aber auch zu Pasta und Co. Übrigens: Die Spanier sind so verrückt, dass sie so einen Roten gekühlt zum Fisch trinken. TILL DAVID EHRLICH