weinprobe : Sommergefühle und reife Weltklasse
2006 Sauvignon blanc, W. O. Western Cape, Spier (Stellenbosch/Südafrika)
Einen guten Sauvignon blanc zu erzeugen ist schon nicht leicht. Zu oft sind die Weine dieser Sorte nur vordergründig fruchtig oder auch nur grasig-herb. Knackigkeit und Rasse alleine aber machen noch keinen guten Wein. Doch wenn sie mit Körper, entsprechender Fülle und natürlichem Schmelz verbunden werden, wird ein Wein daraus. Wie hier, in diesem auch bei der zweiten Flasche noch unglaublich anmutenden Sauvignon blanc des für seine preiswerten Weine bekannten südafrikanischen Weinguts Spier aus Stellenbosch. Dabei ist das Sensationelle nicht mal, dass er ganz vorzüglich schmeckt, sondern dass er so viel kostet wie ein Sauvignon, von dem man eigentlich besser die Hände ließe: 5,75 Euro! Dieser Wein wäre uns sicher auch einen Eintrag wert gewesen, würde er das Doppelte kosten. Der im Stahltank ausgebaute Weißwein ist ein in Duft und Geschmack brillant klarer und geradliniger Sauvignon blanc mit Substanz, Saft und präziser Säurestruktur. Limetten, grüne Feigen und helles Tropenobst: Die Fruchtaromen schreien geradezu nach frischen Austern mit frisch gemahlenem schwarzem Pfeffer! Oder nach saftigen Krustentieren aus dem Atlantik! Zumindest aber nach einer Party. Und das mitten im Herbst, wo wir eher an Datteln, Lebkuchen und Regenhosen denken. Dieser Wein – salzig, mineralisch, frisch und klar wie eine Meeresbrise am südlichsten Zipfel Afrikas – bringt das Kap nach Berlin und lässt den Ozean im Glase rauschen. Liebe Leser, schmeißt den Grill an! Lasst wieder Frühling werden!
Bezug: Rindchens Weinkontor, Lerschpfad 4, 14059 Berlin, Telefon (0 30) 30 20 36 05, Preis: 5,75 €
2003 „Paul Sauer“, Kanonkop (Stellenbosch/Südafrika)
Eigentlich ging es neulich bei einer verdeckten Vergleichsprobe in Weinsberg bei Heilbronn darum, festzustellen, wie sich neuere deutsche Cabernet-Blends im Vergleich mit renommierten Artgenossen aus der Welt des Weins präsentieren. Das Ergebnis des Panels war – dem Klimawandel zum Trotz – überraschend: Gleich zwei Württemberger Rotweine – 2003 „Cuvée C“ vom Weingut Aldinger in Fellbach und 2003 „Granat“ von Albrecht Schwegler in Korb – belegten die ersten beiden Plätze. Platz drei ging an einen der berühmtesten Rotweine Italiens, den sündteuren „Sassicaia“ von der toskanischen Küste! Mein persönlicher Favorit (im Panel Platz 5) der lehrreichen Probe jedoch kam aus Südafrika, genauer: aus Stellenbosch. Hier erzeugt Kellermeister Beyers Truter großartige Pinotage-Weine. Und ebenjenen aus Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc und im Jahrgang 2003 nur etwas Merlot komponierten Bordeaux-Blend „Paul Sauer“, dessen feine, dabei vielschichtige Fruchtintensität (getrocknete Beeren, Tee, Teer, Trüffel) verführerisch ist. Am Gaumen zeigt sich dieser reife Weltklassewein seidig kühl und elegant, animierend frisch und ausgewogen: ein edler, perfekt abgestimmter Saft von großer Tiefe und Nachhaltigkeit. Der über gut zwei Jahre in kleinen Holzfässern aus französischer Eiche ausgebaute 2003er ist inzwischen rar, mit einem Preis zwischen 30 und 40 Euro aber nur scheinbar teuer.
Bezug: www.gourmondo.de , Preis: 38,99 € und www.vinehouse.de , Preis: 29,99 €
STEPHAN REINHARDT