was macht eigentlich: ... Hagen Saberschinsky?
Der Überforderte
Zum Abschied ein letzter Tiefschlag. Der Landeschef der Polizei-Gewerkschaft GdP, Eberhard Schönberg, attestierte dem Polizeipräsidenten Hagen Saberschinsky per Interview am Tag seiner Verabschiedung aus der größten deutschen Polizeibehörde: Sein Laden sei „tief verunsichert, schlecht geführt, miserabel ausgestattet“. Es herrsche ein „Klima der Angst“, „geistige Monokultur“ und der „autokratische Führungsstil der 60er-Jahre“.
Nachtreten ist unfair – und so ist es fast peinlich, ergänzen zu müssen: In seinen neun Jahren als oberster Polizist der Hauptstadt agierte der 62-jährige Saberschinsky, freundlich gesagt, „glücklos“. Schon in seiner ersten Dienstnacht erschossen iranische Killer vier kurdische Oppositionelle. Mitte der 90er-Jahre wurden innerhalb von zwei Jahren 45 Vietnamesen in einem Bandenkrieg ermordet. Sicherheitsleute erschossen 1999 vier Kurden bei deren Versuch, das israelische Generalkonsulat zu besetzen. Klassisch wurde dabei Saberschinskys genervter Satz vom Vortag: „Ja, gut, okay, wir schützen die ganze Welt.“ Immerhin: Die Synagogen waren ja geschützt.
Das Wort war eben nie Saberschinskys Stärke. Dass seine Polizisten Ausländer als „Kanaken“ betitelten, fand er nicht so tragisch. Auch dem Korpsgeist in der für ihre gelegentliche Brutalität bundesweit bekannten Truppe (siehe Erster Mai, Castor-Transporte) gewann er eher Positives ab. Es sei ihm zugestanden, dass er die Ost- und Westpolizei zusammenführte, Reformen versuchte und immense Personaleinsparungen einstecken musste. „Sie hinterlassen eine funktionsfähige Hauptstadtpolizei“, war bei seiner Verabschiedung das größte Lob, das seinem Chef, Innensenator Ehrhart Körting (SPD), über die Lippen kam. Saberschinsky bekam am Ende Standing Ovations. Wäre er doch bloß einfacher Schutzpolizist geblieben! Immerhin, der letzte Satz des Überforderten hatte Größe – und sagte alles über ihn: „Ich melde mich hiermit ab.“
PHILIPP GESSLER
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