vorlauf: Kampfparolen
Themenabend „Propaganda“, u. a.: „Das Leben geht weiter“ (Do., Arte, 22.15 Uhr)
Der letzte Durchhaltefilm der Nazis wurde im Winter 1944 produziert, ins Kino kam er nie und sämtliches Material ist bis heute verschollen. „Das Leben geht weiter“, ein dokumentarischer Spielfilm über das aussichtslose Unterfangen der Nazis, zu Kriegsende noch einmal die Bevölkerung zu mobilisieren, eröffnet den Arte-Themenabend „Propaganda“. Das gleichnamige Original war schon vor seiner Entstehung umstritten – befürchtete doch selbst das Reichspropagandaministerium, er könne von den ausgebombten Deutschen als zynisch gewertet werden. Dennoch – Goebbels’ Traum von der Erschaffung einer filmischen Wunderwaffe wurde umgesetzt. Denn schwulstige Opern und Lustspiele auf der Leinwand konnten die Bevölkerung nicht mehr über die Kriegsrealität hinwegtäuschen. Die Filmhelden sollten nun erstmalig in den realen Ruinen des zerstörten Berlins agieren, die Hauptdarsteller wurden zur Teilnahme an dem Film sogar „dienstverpflichtet“.
Ein spannendes Sujet, doch ist dies in Marc Alan Claims dokumentarischem Spielfilm nach dem Buch von Hans Christoph Blumenberg allzu effektheischend aufbereitet. Sicherlich, es bedurfte nachgespielter Szenen, denn die Originalaufnahmen des Films sind verschollen. Zudem hatte sich die Zahl der Zeitzeugen mit den Jahren minimiert. Doch aus diesem Stoff einen Komödienstadel zu inszenieren, das hätte dennoch nicht sein müssen. Die Historie als bemühter Running Gag – öde und langweilig.
Wenn Dieter Moor als Erzählerfigur fröhlich schwadronierend in nachgestellten Szenen umherhüpft, sich hinter Trickaufnahmen vorbeirollender Panzer den Staub vom Anzug klopft, ist das der Brisanz des Stoffes wenig angemessen. Offenbar sollte hier ein historisches Drama mit Bombenstimmung inszeniert werden. Das ging gründlich daneben. Die aufgesetzte Humorigkeit der filmischen Inszenierung lässt die sorgfältig recherchierten Fakten – so interessant sie auch sind – verblassen. Ein ermüdendes Spektakel.
GITTA DÜPERTHAL
Weitere Beiträge zum Themenabend: „Die Propaganda-Maschine“ (23.45 Uhr), „Freiheit, Frieden, Freihet“ (0.45 Uhr).
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