vor ort : SEBASTIAN SEDLMAYR über die Rettungsaktion für das Lichtspielhaus „Metropol“ in Bonn
Die Bonner sind stolz auf ihr „Metropol“, eines der besonders würdevollen Architekturrelikte aus der Vorkriegszeit. Das älteste Kino der Stadt, auch im Bundesvergleich ein Dinosaurier, war 77 Jahre lang Lichtspiel- und Kunstbühne. Claudia Cardinale, Zarah Leander, Gert Fröbe waren hier zu Gast. 1929 hatte der Filmpalast im Herzen der Stadt, vis-à-vis vom Alten Rathaus, mit einem Luis Trenker-Schinken den Betrieb eröffnet: „Kampf ums Matterhorn“. Seit ein paar Wochen tobt nun im beschaulichen Bonn der Kampf ums Metropol.
Das Drehbuch könnte aus begnadeter Feder stammen. Der Schurke ist ein düsterer Unbekannter. Er verbirgt sich hinter der Firma „Interboden Innovative Gewerbeimmobilien GmbH & Co. KG“, die das Gebäude im Dezember aus der Ufa-Insolvenzmasse gekauft hat und den Kulturtempel mit einem Einkaufszentrum entweihen möchte. Die örtliche Tagespresse will erfahren haben, dass hinter der „Interboden“ kein Geringerer als der Ex-Umweltminister und CDU-Vorzeigepolitiker Klaus Töpfer steckt. Doch die good guys von der Bürgerinitiative „Rettet das Metropol“ stochern im Nebel. Erin Brockovich (Christiane Romberg), Sprecherin der Initiative und selbst beim Metropol-Pächter CineStar beschäftigt, kämpft mit friedlichen Mitteln. Und sie hat natürlich die empörte Öffentlichkeit hinter sich. Mehr als 15.000 Bonner haben in acht Wochen für den Erhalt des Metropol unterschrieben. „99,9 Prozent der Bonner sind auf unserer Seite“, versichert Romberg.
Öffentlichkeit ist die Waffe der Retter. Morgen stellen sie sich wieder vor das Metropol – ganz buchstäblich, beim „Tag der geschlossenen Tür“. Die Idee ist aus der Not geboren, denn die Benefiz-Veranstaltungen im Gebäude, die in den letzten Wochen für Aufmerksamkeit sorgten, hat der neue Besitzer jetzt unterbunden. An einem Info-Stand sollen die restlichen 293.000 Bonner ihre Unterschrift abgeben, damit die Projektoren nicht bald still stehen. Rombergs Wunsch ist ein Kino- und Kulturzentrum im Metropol-Gebäude.
Verbündete findet sie vielleicht im Amt für Denkmalschutz. Dort werden die Pläne der „Interboden“ gerade geprüft. Der Große Saal, das Foyer und die Fassade sind seit zwanzig Jahren denkmalgeschützt. Doch wenn die neuen Besitzer einen Weg finden, den Kinosaal zu erhalten und trotzdem Damenoberbekleidung zum Verkauf anzubieten, läuft diese Spur ins Leere. Wirkungsvoller scheint da doch der Protest der Bürgerschaft. Schließlich haben es die renitenten Bonner schon einmal geschafft, die Pläne der Großkopferten zu durchkreuzen. In den 1980er Jahren wollte die WWK-Versicherung das Lichtspiel beenden und ein Einkaufszentrum errichten. Doch 23.000 Bonner Unterschriften verhinderten die Ausführung. Das Metropol wurde originalgetreu restauriert und unter Denkmalschutz gestellt. Die WWK verkaufte an die Ufa.
Wie geht die Geschichte diesmal aus? Wird sich der Schurke zeigen? Ist Romberg in Gefahr? Müssen die Bonner ein Kultur- gegen ein Konsumzentrum tauschen? Das Happy End ist noch nicht geschrieben.