vor ort : JÜRGEN SCHÖN über die fast panische Angst mancher Kölner vor einer neuen IKEA-Filiale
Durch die herbstlich-lichten Bäume dröhnt der Lärm der Stadtautobahn, die den Verkehr vom Autobahnkreuz Köln-Nord fast bis ins Stadtzentrum führt. Die Menschen hält das nicht vom Besuch des Landschaftsschutzgebietes zwischen Butzweilerhof und der Autobahn ab. Doch rings um die Idylle herrscht Unruhe: IKEA will im benachbarten Gewerbegebiet Butzweiler-Ossendorf eine neue Filiale plus ein so genanntes „Furniture Competence Center“ (FCC) eröffnen. Die Anwohner fürchten nun mehr Verkehr – und Kölns City-Einzelhändler die Umsatzeinbußen.
Der schwedische Möbelriese führt schon ein großes Haus im Kölner Süden. Im Umfeld haben sich Fachhändler für Wohnzubehör und Baumärkte angesiedelt. Das Geschäft möchte IKEA nun mit dem neuen Projekt selber organisieren. Auf einer Gesamtfläche von 121.000 Quadratmetern soll neben dem klassischen IKEA-Haus mit 25.000 Quadratmetern das FCC entstehen. Insgesamt 15.000 Quadratmeter will man vermieten, rund 9.000 davon an Anbieter „Innenstadt relevanter Waren“, wie das die Einzelhändler nennen: Wohntextilien, Lampen oder Unterhaltungselektronik. Der Rest soll an „hochwertige“ Möbelhändler vermietet werden. IKEA rechnet nicht nur mit den Mieteinnahmen, sondern auch mit einem „Kundenaustausch“ von bis zu 12 Prozent.
Kunden, die den Händlern in der Innenstadt fehlen werden. So hat ein von IKEA bestelltes Gutachten einen Kaufkraftabzug von 7,7 Millionen Euro pro Jahr beim Möbelangebot errechnet – immerhin 8,5 Prozent dessen, was bislang in der Innenstadt für Möbel ausgeben wird. Weitere sechs Millionen Euro würde das zusätzliche FCC-Angebot abziehen. Zumal dessen Verkaufsfläche für „Innenstadt relevanter Waren“ deutlich über den 10 Prozent liegen soll, die der NRW-Einzelhandelserlass für Einkaufszentren auf der grünen Wiese vorsieht, sagt Uwe Klein vom Kölner Einzelhandelsverband. „Das gefährdet die Existenz des alteingesessenen Handels“, sorgt er sich. Die versprochenen 450 neuen FCC-Arbeitsplätze hält er daher auch für eine Milchmädchenrechnung: „Die gehen dafür in der Innenstadt verloren.“
Auch die Anwohner klagen: Schon jetzt rasen über 16.000 PKW und 1.500 LKW täglich von der Autobahn zum Gewerbegebiet Butzweiler-Ossendorf. Bislang ist das vor allem Sitz von Fernseh- und Filmfirmen wie Vox oder MMC, dazu kommt das überdimensionierte Studio Coloneum. Mit IKEA, so Schätzungen, kommen allein an Samstagen 11.000 PKW zusätzlich. Dafür muss ein neuer Autobahnanschluss her. Den müsse IKEA allerdings selber zahlen, verlangten die Stadtpolitiker.
Zusätzlich beschloss der Stadtentwicklungsausschuss, das Angebot „Innenstadt relevanter Waren“ im FCC auf 3.500 Quadratmeter zu beschränken. Das war IKEA zu wenig: Man könne ja auch woanders hingehen, hieß es leicht düpiert. Die avisierten „siebenstelligen Gewerbesteuereinnahmen“ gingen Köln dann eben verloren. Schließlich einigten sich die Schweden mit der Stadtverwaltung auf 5.300 Quadratmeter. Nun sind die Politiker wieder dran.