piwik no script img

Archiv-Artikel

vor Ort NATALIE WIESMANN über gekrallte Autofahrer in Wuppertal

Autobesitzer in Wuppertal dürfen sich in Zukunft nichts mehr zu Schulden kommen lassen. Wer seine Hundesteuer nicht zahlt oder versäumt hat, den Beitrag für den Flötenunterricht des Sohnes zu entrichten, dem blüht demnächst eine Parkkralle.

Wo der Zusammenhang zwischen versäumter Hundesteuer und Wegfahrsperren liegt? Die Bürger und Bürgerinnen der bergischen Kommune stehen mit 30 Millionen Euro bei der Stadtverwaltung in der Kreide. Weil sie sich etwa weigern, die Strafe dafür zu zahlen, dass sie ihren Nachwuchs dem schulischen Sexualunterricht entzogen haben. Oder ihre Grundsteuer nicht entrichtet haben. Oder einfach weil sie mit ihrer Jagdsteuer im Rückstand liegen.

Und dieses Verhalten findet die Stadt Wuppertal unfair. Denn sie sitzt selbst auf einem großen Schuldenberg und wird von der Bezirksregierung zu „massiven Sparmaßnahmen“ gezwungen. Deshalb, so Sprecherin Martina Eckermann, „müssen wir neue Wege finden, um die Schulden der Bürger einzutreiben“. Die Parkkralle sei nur eines der „Fülle an Mitteln“, um Rückzahlungen zu erzwingen. „Keine Angst, es wird keine Krallentrupps geben“, versucht Eckermann zu beruhigen. Zunächst plane die Stadtverwaltung nur zwei Wegfahrsperren einzusetzen. So genannte Vollstrecker sollen sie dann an die Reifen der Schuldner anbringen.

Einen modernen „Pranger“ nennt Jacqueline Grünewald, Sprecherin des ADAC Rheinland, die neue Wunderwaffe der Stadt Wuppertal. „Alle wissen dann: Hier steht ein Steuersünder.“ Solche „dramatischen Methoden“ kenne sie bisher nur aus der Kleinstadt Wülfrath – die vielleicht nicht ganz zufällig in der Nähe von Wuppertal liegt und als Vorbild gedient haben könnte. „Das muss ein Verzweiflungsakt sein“, ist sich Grünewald sicher. Die Stadtverwaltung Wuppertal scheine sich nicht mehr anders helfen zu können. Bei allem Verständnis müsse sie aber doch feststellen, dass zwischen einer nicht gezahlten Hundesteuer und dem Auto kein Zusammenhang bestehe. Und wenn sich jemand von der Stadt ungerecht zur Kasse gebeten fühle, könne das dazu führen, dass sein Auto „für immer im Weg stehe“.

Nein, sagt dazu Stadtsprecherin Eckermann. Dieses „niedrigschwellige“ Mittel sei zwar billiger, als das Auto gleich abzuschleppen. Doch wenn das nicht ziehe, müsse dann doch der Abtransport der gekrallten Wagen angeordnet werden. Aber die Stadt ist ganz guter Dinge: Die Vollstrecker des Finanzamtes hätten mit den Wegfahrsperren bereits erfolgreich gearbeitet.

Und was ist mit den Zahlungsunwilligen, die kein Auto besitzen? „Einem nackten Mann kann man nicht in die Tasche greifen“, sagt ADAC-Frau Grünewald. Glücklich kann sich da schätzen, wer nur Rad fährt.