verpasst? : Historische Lücke
„Der Olympia-Mord“ Di., 20.15 Uhr, ZDF
„Die Lücke schließen“, die Steven Spielbergs Film „München“ hinterlassen habe, wollte das ZDF mit seiner ambitionierten Dokumentation. Während es Spielberg vor allem um das moralische Dilemma ging, das Israels umstrittener Rachefeldzug gegen die Hintermänner des Olympia-Attentats von 1972 aufwarf, steht in der deutschen Perspektive vor allem die schier unglaubliche Summe von Feigheit und Versagen der deutschen Stellen im Vordergrund.
Unausweichlich betrachtet man den Film vor dem Hintergrund der jüngsten Geschichte, und da gibt es so manches Déjà-vu-Erlebnis: Da ist der palästinensische Vater, der nicht ahnte, was sein seit zehn Jahren in Deutschland lebender Sohn so treibt, bis er ihn als Terroristen im Fernsehen erkennt. Da sind die Attentäter, die ihren eigenen Tod in Kauf zu nehmen bereit sind. Da sind die Bilder der gefesselten Geiseln, die – ausgerechnet in Deutschland! – völlig wehrlos ihren Mördern ausgeliefert sind, und die nicht nur in Israel starke Gefühle auslösen. Und da ist Ehud Barak, der an einer Militäroperation in Beirut beteiligt war, der auch Unbeteiligte zum Opfer fielen, und der sich arabischem Terror gegenüber trotzdem moralisch überlegen fühlt: Israel töte Unschuldige nur aus Versehen, während arabische Terroristen dies mit Absicht täten – auch dieses Argument hat man jüngst häufiger gehört.
Sehr berührend waren vor allem die Hinterbliebenen der ermordeten Sportler. Deshalb ging die Logik der palästinensischen Attentäter, durch ihre spektakuläre Tat auf das Leid ihres Volkes aufmerksam zu machen, letztlich nicht auf: Weil sie nur neues Leid schuf. Ihre Motive bleiben in der ZDF-Doku denn auch völlig im Dunkeln, sie wirken geradezu irrational. Genau diese Lücke wiederum hat Spielberg zu schließen versucht. DANIEL BAX