urdrüs wahre kolumne : Tafel oder Winterhilfswerk?
Ein echtes Traumpaar hat der schwarz-grüne Swingerclub für urbane Lebenspraxis in Hamburg mit dem eleganten Ole von Beust und seiner Mit-Bürgermeisterin Christa Goetsch gefunden – die ersten Früchte der Liaison klingen vielversprechend: Elbvertiefung mit ein paar Euro für die Ufergestaltung, das Kohlekraftwerk kommt erst nach der Hochzeitsreise und dazu gibt es Anspruch auf Kindergartenplätze, mit denen sich die Berufstätige in der Praxis den Hintern abwischen kann, sowie ein paar Prozentpunkte runter bei den Studiengebühren. Schwarz wie ein Albtraum, dieses Programm, und so grün wie bakteriell verseuchter Nasenschnodder.
Zu den großen philologischen Errungenschaften eines Vierteljahrhunderts taz gehört zweifelsfrei das große Binnen-I in Worten wie HenkerIn, PuppendoktorIn oder FachmännIn. Doch immer noch gibt es mitten unter uns Menschenkinder, die an dieser Herausforderung scheitern: Als unlängst für ein Projekt zum Kirchentag ChorsängerInnen gesucht wurden, nahm das auch Radio Bremen auf und meldete prompt: die Gründung eines Frauenchors. Doch begegnete mir auf dem Programmzettel eines „soziokulturellen Transgender-Treffens“ auch schon mal ein FrauInnen-Chor: Boshafte Veralberung oder einfach nur zu viel des Guten?
Vorneweg gesagt: Ich finde es toll, wenn sich Menschen für Lebensmittel-Tafeln, Umsonstläden oder Armenküchen ins Zeug legen, und bringe mich selbst von Zeit zu Zeit beim „Ultimo-Frühstück“ meiner Kirchengemeinde in Rinteln ein. Merke aber leider, dass solche Institutionen auch eifernde Schmeißfliegen anziehen, die den Hilfebedürftigen moralisierende Vorhaltungen machen, ungefragt in deren Lebensplanung eingreifen oder sich gar zum Richtamt aufschwingen über un- und selbst verschuldete Not. Derlei geschieht in Hamburg gerade, nachdem dort bei den Tafeln auch bürgerliche Kunden im Prozess der Verelendung auftauchen. Es mag aus Sicht der Ehrenamtlichen verständlich sein, dass sie sich um Verteilgerechtigkeit sorgen. Auf Selektion zu setzen, kann aber nicht Lösung sein. Dann gründet lieber ein Winterhilfswerk – nur für die guten Elenden der Volksgemeinschaft!
Karstadt-Mitarbeiter klagen derzeit vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die immer dreisteren Ladenschlussregelungen in Niedersachsen. Die Prügelstrafe fordere ich schon im Vorfeld für Christian Stichternath vom dortigen Sozialministerium, welcher der Verfassungsbeschwerde „sehr gelassen“ entgegensieht: „Wie jedes Gesetz ist auch das zur Verlängerung im Vorfeld sorgfältig geprüft worden.“ Das soll dieser dreiste Lümmel doch mal jenen Schülern und Lehrern ins Gesicht sagen, die derzeit verzweifeln an der Nichtregelung zur Einführung von Gesamtschulen und an den Folgen der Schulzeitverkürzung. Wer sich so etwas ausdachte, macht mehr kaputt als jeder landesübliche Dödelschwenker am Pissoir neben dem Schützenfestzelt!
Apropos Schützenfest: Stets um das Wohl der LeserInnenschaft besorgt, empfehle ich dringlich den Besuch der aktuellen Verfilmung von „Fleisch ist mein Gemüse“: Da klatschen die Apachen und „Swing time is good time“! Warum, weiß dann hinterher nicht nur ULRICH „Schützenschwester“ REINEKING