unterm strich :
Roter Terror ist brauner Terror, Klassenmord ist Rassenmord und Archipel Gulag ist Auschwitz: Ernst Nolte, der mit seinen abenteuerlichen Vergleichen und der These, die russische Revolution von 1917 sei der wichtigste Bezugspunkt des Hitlerfaschismus und der damit verbundenen Ermordung der europäischen Juden gewesen, in den Achtzigerjahren den Historikerstreit losgetreten hat, tut sich wieder hervor. Mehr als 15 Jahre nach der Debatte, fast achtzigjährig, in einem Alter also, in dem andere sich klug nur noch um die Pflege ihres Kräutergärtchens kümmern, fühlt sich Nolte nach wie vor auf den Schlips getreten.
In einem dpa-Gespräch sagte er: „Dass Hitler immer wieder angeführt wird, finde ich normal, und dass diese Vergleiche für politische Zwecke instrumentalisiert werden, springt ja auch ins Auge.“ Allerdings müsse bei jedem Vergleich deutlich werden, von welcher Epoche die Rede ist. „Wenn man nur den Hitler von Auschwitz nimmt, dann ist jeder Vergleich außer allenfalls mit Stalin oder Pol Pot unzulässig“, betonte Nolte. „Wenn man aber sagt, ich will den Hitler von 1938 mit einem Staatsmann vergleichen, dann ist es etwas anderes, denn Hitler wurde um diese Zeit in weiten Teilen der Welt zu den ‚nationalen Befreiern‘ gezählt“, erklärte der Historiker, der 1991 als Ordinarius des Instituts für Neue Geschichte der Freien Universität Berlin emeritiert wurde, aber nichtsdestotrotz immer wieder in den Schlagzeilen auftauchte – unter anderem durch seine Behauptung in einem Interview mit dem Spiegel, er könne nicht ausschließen, dass die meisten Opfer des Faschismus nicht in den Gaskammern, sondern durch Seuchen, schlechte Behandlung und Erschießungen gestorben seien.
Manche Beleidigungen halten eben ein Leben lang: „Die eine Bewegung war als Sozialismus eine ältere und tiefer in der Vergangenheit verwurzelte, die andere war nach dem Sieg des Bolschewismus in Russland die militante Gegenbewegung. Diese Sicht gefiel vielen Leuten durchaus nicht“, motzt er vor sich hin und hält stur daran fest, Kommunismus und Faschismus in einem Kausalverhältnis zu sehen. „Noch 1985 wurde ich in einer Abhandlung eines israelischen Historikers als der Erste genannt, der 1963 Auschwitz eine zentrale Bedeutung in der Geschichte des Nationalsozialismus zugewiesen habe“, klopft er sich noch einmal eitel für sein anerkanntes Standartwerk über die NS-Zeit, „Der Faschismus als Epoche“, in dem er noch den eigenständigen Charakter der faschistischen Bewegungen betonte, auf die Schulter. Dieses Buch erschien im Jahr 1963, also genau vor vierzig Jahren.