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Archiv-Artikel

unterm strich

Ruth Galinski, Witwe des früheren Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland, Heinz Galinski, hat ihre Teilnahme an der Feier zum 100-jährigen Bestehen der Berliner Synagoge Rykestraße abgesagt. Sie sei empört, dass die Jüdische Gemeinde Friedrich Christian Flick zu der Veranstaltung am Sonntag eingeladen habe, gab sie der Berliner Zeitung als Grund an. Ruth Galinski war während der Nazizeit als Zwangsarbeiterin drangsaliert worden. Auch Michael Fürst, Vorstand des Landesverbands der jüdischen Gemeinden von Niedersachsen, kritisiert die Einladung durch seinen Berliner Amtskollegen Albert Meyer. Dieser müsse sich weniger Gedanken um die nichtjüdische Berliner Stadtkultur machen, so Fürst, als um die Gefühle derjenigen, die in den Flick’schen Fabriken ausgebeutet wurden. „Es wäre eine unerträgliche Zumutung, wenn überlebende, ehemalige Sklavenarbeiter ebenfalls zur Synagogenfeier in Berlin kämen und dort auf den Enkel und Erben ihres einstigen Peinigers stießen“, zumal der sich „bis heute weigert, gegenüber den Opfern wenigstens eine Geste seines guten Willens zu zeigen“. Fürst kann für diese Einladung keinen vernünftigen Grund erkennen, zumal sich Albert Meyer noch Anfang des Jahres gegenüber der Rheinischen Post betont kritisch über Flick als Steuerflüchtling geäußert hatte.

Bundeskanzler Gerhard Schröder rückt von seinem Einsatz für den steuerflüchtigen und damit in Schröders eigenen Worten „unpatriotischen“ Sammler nicht ab. Am 21. September wird er mit F.C. Flick dessen umstrittene Ausstellung in Berlin eröffnen. In Reaktion auf den Protest verzichtet der Sammler nun auf seine Teilnahme an der Synagogenfeier, „aus Anstand“, um „Ärger von der Jüdischen Gemeinde abzuwenden“.