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Archiv-Artikel

unterm strich

Steven Spielbergs Film „Der Soldat James Ryan“ (1998) soll im amerikanischen Fernsehen nicht ausgestrahlt werden, so berichtet die New York Times. „Der Grund: Angst. Gemeint ist nicht die Angst vor Terrorismus oder vor niedrigen Einschaltraten, sondern die, von der eigenen Regierung beim Gebrauch der Redefreiheit bestraft zu werden.“ Die „American Family Association“, die eine Protestwelle auslöste, um die Ausstrahlung des Films zu unterbinden, sieht darin die amerikanischen Werte nicht gegeben. So zählte sie im dem Film über 21 unanständige Unwörter, die im amerikanischen Fernsehen zugleich mit einem lauten Biep übertönt werden. Dieser rethorische „Fehltritt“ sei anstößiger als die detaillierten Nahaufnahmen der Schlachtszenen, die keinen zerfetzten Körper auslassen.

Doch auch solche Kriegsszenarien passen nicht mehr in das amerikanische Selbstbild. „In unseren amerikanischen Kultur mit ihrer politischen Korrektheit war Krieg schon immer ein Störfaktor“, resümiert die New York Times. Lieber also was anderes zeigen! Nicht nur in den kleineren Städten, auch in den größeren Städten wie Boston, Detroit, Cleveland und Baltimore haben sich die Fernsehsender gegen eine Ausstrahlung ausgesprochen. Viele ersetzten den Antikriegsfilm mit dem harmlosen Sportfilm „Hoosiers“ (1986), der über den Aufstieg einer Basketballmannschaft in Indiana erzählt.

Dabei wurde „James Ryan“ noch 2001 und 2002 von der Fernsehanstalt ABC am „Veterans’ Day“ landesweit gesendet, trotz zahlreicher Protestler, die über die heiligen Familienwerte wachen. Wird jetzt also nicht nur die Information, sondern auch die Kultur staatlich kontrolliert? Jedenfalls scheinen die Medienbesitzer lieber auf Nummer Sicher zu gehen, bevor sie von der staatlichen Seite noch eins auf den Deckel bekommen. Obwohl das Thema Krieg in diesen Tagen aktueller denn je ist, wird es immer unbeliebter. Die New York Times schreibt empört: „Die Nachrichtenzensoren sind bemüht, alles Hässliche oder Gewalttätige auszublenden.“ Schließlich will man verhindern, dass negative Nachrichten die Regierung in ein schlechtes Licht rücken. Auch Hollywoods Traumfarbik soll wieder mehr für „Herz und Seele“ produzieren.