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Archiv-Artikel

unterm strich

Nicht dass diese Geschichte wirklich aktuell wäre, man hätte sie auch an einem beliebigen Tag der vergangenen elf Jahre erzählen können, seit der Guns-N‘-Roses-Sänger Axl Rose begann „Chinese Democracy“ aufzunehmen, ein Album, das bisher rund 13 Millionen Dollar gekostet hat, noch immer nicht herausgekommen ist und laut der New York Times vom vergangenen Sonntag als das mittlerweile teuerste Album der Musikgeschichte gilt, das nie erschienen ist. In drei verschiedenen Studios hat Rose nun schon gearbeitet, mit vier Produzenten und einer unbekannten Zahl von Musikern, herausgekommen ist nichts, und ein Ende ist auch nicht abzusehen. Je nachdem, wie man rechnet, beginnt das Ganze entweder mit einem Triumph (der Veröffentlichung von „Use Your Illusion 1“ und „Use Your Illusion 2“ lässt die Band 1991 auf Platz 1 und 2 der Billboard Charts schnellen) oder einem Flop (niemand will 1994 „The Spaghetti Incident“ kaufen, das Nachfolge-Album). Zunächst löst sich die Band auf, weil zwar niemand die Autorität von Axl Rose anzweifelt, aber dieser nicht weiß, wohin er eigentlich will. Ab 1996 ist er das letzte übrig gebliebene Gründungsmitglied von Guns N’ Roses. Die nächsten zwei Jahre bringt er damit zu, neue Mitglieder zu suchen, um sich schließlich in ein Studio zurückzuziehen, in dem 60 Gitarren und das neueste Equipment warten – doch trotz einer Million Dollar, die er nur dafür bekommt, das Studio zu betreten, und einer weiteren Million, die ihm für ein fertiges Album in Aussicht gestellt wird, passiert nichts. Rose und seine Musiker nehmen stundenlang Gedaddel auf, das sie aber nicht einmal der Plattenfirma vorspielen können.

1999 wird Geffen Records umstrukturiert, hunderte von Angestellten werden entlassen, auch der Betreuer von Rose, was diesen so tief in die Krise stürzt, dass er in hektischer Aktivität erst ein paar Stücke fertig macht, um sie schließlich wieder zurückziehen. Nun soll es ein neuer Produzent und ein neues Studio richten. Mit neuen Musikern geht das ganze Theater von vorne los, die Band tritt sogar einmal zusammen auf. Doch die Platte weigert sich Gestalt anzunehmen. Wieder wird ein neuer Produzent gesucht, man schreibt mittlerweile das Jahr 2002, dieser schafft es auch tatsächlich, Axl Rose zu überzeugen, als Abschluss der MTV Music Awards aufzutreten, doch als er nach der Show nicht in einen Nachtclub gelassen wird, weil er einen Pelz trägt, trifft ihn das so sehr, dass er für Wochen verschwindet. Interscope, die Firma, die mittlerweile verantwortlich ist, hat die Platte inzwischen aus der Ankündigungsliste genommen, wo Rose sich herumtreibt, ist unbekannt. Wahnsinn.