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Archiv-Artikel

unterm strich

Seine Socken machten den Kasseler Lothar Schluckebier weltbekannt: Als 1997 die umstrittene Leiterin der Kunstschau documenta X, Catherine David, Kassel als hässlich anprangerte, musste Schluckebiers Sockenladen in einer Unterführung als Beispiel herhalten. Aus Protest organisierten zwei Kasseler parallel zu der internationalen Kunstausstellung eine „sockumenta“ und nahmen die undiplomatische Französin aufs Korn. Weil die unterirdische Passage zugeschüttet wird, räumt Schluckebier in dieser Woche seinen Laden – mit ihm verschwindet zugleich eine der berühmt-berüchtigten Kasseler Fußgängerunterführungen. In den 50er- und 60er-Jahren galt Kassel als eine der verkehrsgerechtesten Städte Deutschlands. Um Autoverkehr und Fußgänger zu trennen, baute die Stadt zwischen 1957 und 1975 insgesamt 18 Fußgängerunterführungen. Doch in den unterirdischen Passagen fühlten sich die Menschen unwohl und unsicher. Laden um Laden schloss, und die Stadt ließ die Unterführungen verkommen – drei wurden inzwischen geschlossen.

Der israelische Schriftsteller Amos Oz und die österreichische Autorin Kathrin Röggla sind am Montagabend in Wien mit dem „Bruno-Kreisky-Preis für das politische Buch“ ausgezeichnet worden. Der 65-jährige Oz wurde für den Roman „Eine Geschichte von Liebe und Finsternis“ geehrt, der Oz’ eigene Familiengeschichte mit der politischen Geschichte Israels verbindet. Die 34-jährige Autorin Röggla erhielt die Auszeichnung für ihren Text „wir schlafen nicht“, der auf Grundlage von Gesprächsprotokollen die heutige Arbeitswelt schildert. Die Preise, die jährlich vom sozialdemokratischen Bildungsinstitut vergeben werden, sind jeweils mit 7.000 Euro dotiert.

Oz mache in seinem Roman deutlich, dass der „erhobene Zeigefinger“ keinen Beitrag zu einer friedlichen Lösung des Nahostkonflikts leisten könne, begründete der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Österreichs, Alfred Gusenbauer, als Laudator die Wahl der Jury. Rögglas New-Economy-Roman sei ein Versuch, sich den neuen Realitäten der heutigen Arbeitswelt mit einer neuen Sprache zu nähern. Die in Berlin lebende gebürtige Salzburgerin zeige die herrschende „Ambivalenz zwischen flachen Hierarchien und hoher Eigenverantwortung“ auf.

Die Universität Utrecht will bei einer feierlichen Sitzung am 23. März den französischen Philosophen René Descartes (1596–1650) offiziell rehabilitieren. Descartes lebte zum Zeitpunkt der Universitätsgründung in Utrecht, wo er einen Großteil seines „Discours de la méthode“ verfasste. Er wurde von der Hochschule kurzerhand verboten.