unterm strich:
Rainald Goetz pestet gegen Frauke Brosius-Gersdorf
Seit 2024 postet der Schriftsteller Rainald Goetz bei Instagram Epigramme. Am Donnerstag schrieb er unter ein Foto von „Einführung ins Denken“, einem Buch von Werner Büttner, Martin Kippenberger und Albert Oehlen (1984) eine Notiz zur verhinderten Verfassungsrichterin Frauke Brosius-Gersdorf: „Wie vom Standardfall gescriptete, zugleich spektakuläre Eskalation…: sie verteidigt sich auf eine Weise, die ihr selbst schadet. Sie greift die Medien an mit einem anwaltlichen Schriftsatz; sie setzt bei Lanz auf ihre Persönlichkeit; und sie bestellt bei Kollegen ein Plagiatsgutachten zu ihrer Entlastung. In allen drei Fällen zeigt sich, daß sie nicht versteht, wie ÖFENTLICHKEIT funktioniert. Das würde man von einer 54-jährigen renommierten Rechtsgelehrten aber erwarten. Insbesondere ein Wissen davon, daß in der öffentlichen Arena fundamental andere Verfahrensregeln herrschen als vor Gericht und im wissenschaftlichen Diskurs.“ Mitunter derbe Seitenhiebe kennt man von Rainald Goetz noch aus den späten 1990ern, damals befand er sich im Streit mit dem Musikmagazin Spex, weil er dessen Political-Correctness-Kurs hohl fand.
Am Donnerstag scheint ihm eine Laus über die Leber gelaufen zu sein: „Dann sitzt da bei Lanz bebend, rhetorisch geübt, zugleich kindhaft egoman eine Frau, die offenbar über ihr Ich so wenig weiß, daß sie glauben kann, mit einem solchen AUFTRITT der Öffentlichkeit vorzuführen, wie geeignet sie für das Amt am Verfassungsgericht ist. Aber man sieht übergrell einen Mangel an Selbstreflexion, Selbstrelativierung, alltäglichem Weltverstehen, erstaunlicherweise auch ein Defizit an Erkenntnis der gegenwärtigen Gesellschaft, insgesamt an Reife. Dieser Mensch ist auf eine Art UNREIF…“ Kann es sein, dass ÖFFENTLICHKEIT heute etwas völlig anderes bedeutet als in den 1990ern? Kann Goetz egal sein, ob ultrarechte Abtreibungsgegner hinter dem Shitstorm gegen die Juristin stehen? Wie verhält er sich, wenn er Beifall von Nius-Hasspredigern bekommt? (jw)
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