unterm strich:
Christine McVie gestorben. Sich die Nasenscheidewände blutig koksen und mit dicken Motorbooten an den Bahamas vorbeirauschen. Die Zeiten sind zwar längst vorbei, aber so wild haben es Fleetwood Mac einst getrieben. Wobei ihre Musik immer sehr bekömmlich nach Rock und Pop in Frottee klang. „Alltägliches Supermarkt-Gedudel“ schrieben manche verächtlich, andere haben retrospektiv sogar das Genre „Yacht-Rock“ erfunden, um das süffig-barocke Songwriting der Band zu charakterisieren; zu diesem Sound fand die ursprünglich 1967 in London als Bluescombo gegründete Band, nach mehreren Besetzungswechseln. Maßgeblich geprägt wurde Fleetwood Mac durch ihre Musikerinnen, US-Sängerin Stevie Nicks und die britische Keyboarderin Christine McVie, eigentlich Christine Ann Perfect. Sie nahm den Namen von Bassist John McVie an, den sie 1968 ehelichte. Schon bevor sie 1970 bei Fleetwood Mac eingestiegen war, komponierte Christine McVie als Teil der Band Chicken Shack eigene Songs. Ein richtiger Hit wurde „You make loving fun“, McVie verarbeitete darin eine Affäre mit dem Beleuchter von Fleetwood Mac. Ihrem Mann sagte sie, der Song handle von ihrem Hund: „Don’t, don’t break the spell / It would be different and you know it will.“ Die Ehe zwischen Christine und John McVie wurde 1976 geschieden, auch diejenige zwischen Stevie Nicks und Gitarrist Lindsey Buckingham. 1977, als Fleetwood Mac von ihrem Album „Rumours“ 40 Millionen Einheiten absetzten, kommunizierten sie untereinander teilweise nur per Rechtsanwalt, aber schrieben weiter wie besessen Songs. Und so galt die Band als Inbegriff von Mainstreamrock: Megakonzerte vor 80.000 Zuschauern in Football-Stadien. Ausufernde Produktionsexzesse im 40-Spur-Studio und große Budgets für neue Alben. McVie komponierte und sang einige der großen Hits, obwohl sie sich nie in der Rolle als Bandleaderin sah. „Ich wollte nie Solistin sein. Dafür bin ich zu schüchtern. Vorne an der Bühne zu stehen, hat mir nie Spaß gemacht“, schilderte McVie 2004 in einem Interview ihre Position in der Band. „Ich war wie Mutter Teresa, und sorgte dafür, dass alles entspannt blieb.“ Erst 1995 stieg McVie bei Fleetwood Mac aus, ganz lösen, konnte sich McVie nie. 1998 nahm sie an einer US-Tour teil, 2014 trat sie der Band wieder bei. Am Mittwoch ist Christine McVie 79-jährig an einer Erkrankung der Bauchspeicheldrüse gestorben. (jw)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen