unterm strich :
Also, an diesen N-Wort, das seit einigen Monaten vermehrt durch die kulturellen Diskurse wabert, kann und mag sich der heutige Unterm-Strich-Redakteur irgendwie nicht gewöhnen. Innerlich nimmt man ja immer noch Habachtstellung an, wenn jemand verkündet, die deutsche Kulturnation sei in Gefahr. Zu frisch noch die Zeiten, da man bei so etwas ganz merkwürdige Hintergründe witterte. Manchmal hatte man bei Kulturnation auch schlicht zu kichern angefangen … Doch, siehe da, und man kann sich darüber die Augen reiben, wie man will: Inzwischen taucht dieses Wort ganz selbstverständlich als Teaser einer Pressemitteilung der SPD auf. Da steht es: „CDU/CSU gefährdet die Kulturnation!“ O-Ton Sozis, original bis ins Ausrufezeichen. Uiuiuiuiuiuiui, kann man da nur sagen.
Hinter der Meldung steckt Wolfgang Thierse in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Kulturforums der Sozialdemokratie. Seine Anklagepunkte gegen CDU/CSU sind: Die Schwarzen bekennen sich nicht mehr klar zur Aufnahme des Staatsziels Kultur ins Grundgesetz; sie sprechen sich nicht mehr eindeutig für die Bundestags-Enquetekommission „Kultur in Deutschland“ aus; es gibt in der Union Pläne, den reduzierten Mehrwertsteuersatz für die Kultur abzuschaffen. Alles, vor allem das Letztere (weil es da ums Geld geht) sind wichtige Punkte, bei denen es gute Gründe gibt, sie zu verteidigen. Aber: Dass wir erstens eine Kulturnation haben und dass diese zweitens von Staatsziel Kultur, Enquetekommission und dem Mehrwertsteuersatz abhängt, das war uns neu.
Und jetzt mal ehrlich: Wahlkampf hin oder her, hätte es eine Nummer kleiner nicht auch getan? So wie zum Beispiel: „CDU/CSU gefährdet die Kultur!“ Das wäre doch effekthascherisch genug gewesen!