unterm strich :
Die Vergabe des Friedenspreises an Orhan Pamuk hat in der türkischsprachigen Presse ein geteiltes Echo hervorgerufen. Während sich gestern einige Blätter mit Einspaltern begnügten und gänzlich auf Kommentare verzichteten, spiegelten die größeren Berichte das schwierige Verhältnis der Türkei zu ihrem Erfolgsautor wider. „Wenn er nicht über Politik spricht, wächst er über sich hinaus“, kommentierte die auflagenstärkste Zeitung Hürriyet. Selbst das, was er über das Verhältnis der EU zur Türkei gesagt habe, sei von einer „poetischen Sensibilität“ getragen gewesen, lobte das Blatt. Dagegen habe der Applaus am Sonntag in der Frankfurter Paulskirche (leider) seinen politischen Ausführungen und nicht seinen Erläuterungen der Romankunst gegolten. „Als er über seine Kunst und seinen Romanhelden Ka sprach, klatschte niemand“, kritisierte Hürriyet. „Als er jedoch auf das Thema Minderheitenrechte und „die dunklen Punkte der Geschichte“ einging, brach ein Beifallssturm aus.“ Bekanntlich hat Pamuk, dessen Romane in der Türkei hohe Auflagen erzielen, Anfang des Jahres in einem Interview die Kurden- und Armenier-Problematik angesprochen. Nur mit „sachten Worten“ habe Pamuk „die Türken gegenüber den Deutschen gelobt“, mäkelte das Boulevardblatt Aksam. Das Eintreten des Schriftstellers für einen Beitritt der Türkei zur EU quittierte das Blatt in seiner Überschrift mit den ironischen Worten: „Väterchen Orhan, bring du uns in die EU!“
Einen Kontrapunkt setzte die liberale Zeitung Radikal, die nicht nur ihre Titelseite der Preisvergabe widmete. Im Kulturteil druckte sie den vollständigen Text der Dankesrede Pamuks ab. In ihrem Titel stellte Radikal seine Worte heraus, wonach ein Romanschriftsteller „Fürsprecher all derer (sei), die sich kein Gehör verschaffen können und deren Wut nicht vernommen wird“. Nachdem einige Kommentatoren im Vorfeld kritisiert hatten, dass sich kein türkischer Offizieller zur Feierstunde in Frankfurt angesagt hatte, erwähnten viele Blätter, dass Pamuk darüber „nicht traurig“ gewesen sei. Große Aufmerksamkeit wurde in den Blättern Pamuks 14-jähriger Tochter Rüya gewidmet, mit der sich Pamuk erstmals in der Öffentlichkeit gezeigt habe.