unterm strich :
Beim Filmfestival in Locarno wurde der Film „Deutschland im Jahre Null“ 1948 mit dem Großen Preis ausgezeichnet, in Deutschland warfen Kritiker dem Regisseur „seine eben erst eingebüßte Begeisterung für den Faschismus“ vor. Das war eine üble Polemik gegen Roberto Rossellini, der heute vor 100 Jahren in Rom geboren wurde. Daran stimmte nur, dass er zwei harmlose Dokumentarfilme gemacht hatte, die 1942 in Italien die Wehrkraft gegen die Alliierten stärken sollten. Nach dem Krieg jedoch wurde er zum wichtigsten Regisseur des Neorealismus. Meisterwerke wie „Rom, offene Stadt“ und „Paisà“ trugen dazu bei, Italiens Film zur Avantgarde Europas zu machen. Rossellini ging es wie Luchino Visconti oder Vittorio de Sica darum, politisch und kulturell den Faschismus zu überwinden. Kein Wunder also, dass die Resistenza im Zentrum seines ersten Nachkriegsfilms steht: „Rom, offene Stadt“ (1945). In wenige Episoden konzentriert er das tragische Schicksal einer Gruppe antifaschistischer Kämpfer und ihrer Familien. Obwohl an Originalschauplätzen gedreht, mit oft improvisierten Dialogen, hatte der Film eine ausgeklügelte Dramaturgie, die mehrere Handlungsstränge kunstvoll verknüpfte. Berühmt machte ihn allerdings nicht seine Filmkunst, sondern die Liaison mit Ingrid Bergman, die in fünf seiner Filme die Hauptrolle spielt, unter anderem in „Stromboli“ (1950). In den 60er-Jahren sagte er: „Ich liebe das Kino nicht“ und drehte nur noch didaktische Fernsehfilme über Sokrates oder die Apostel. Hierzulande sind seine Filme kaum noch zu sehen. Als DVD war bislang nur „Rom, offene Stadt“ (Arthaus) zu haben, mit einer kritischen Rossellini-Hommage Stefan Georg Trollers als Bonus. Nun endlich, zu seinem 100. Geburtstag, erscheint eine Edition seiner weiteren wichtigen Filme aus der Nachkriegszeit: „Paisà“, „Deutschland im Jahre null“, „Stromboli“ und „Reise nach Italien“ (KochMedia). Man kann nur hoffen, dass die Edition fortgesetzt wird. DAH