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Archiv-Artikel

unterm strich

Die Entscheidung des Düsseldorfer Stadtrates, Peter Handke den Heinrich-Heine-Preis zu verwehren, löst bei vielen österreichischen Schriftstellern Verdruss aus. Die Wiener Tageszeitung Standard zitierte etwa Marlene Streeruwitz, die von „Parteipolitik auf Kosten der Literatur“ sprach. Es sei „das Ende der Kunst, wie wir sie kennen, das Ende der Aufklärung“, sagte Streeruwitz. „Im Grunde kennen wir das alles aus der DDR.“ Elfriede Jelinek zeigte sich in einer ersten Reaktion der österreichischen Presseagentur APA gegenüber „sehr entsetzt“. „Ich finde es absurd. Diese Entscheidung steht dem Stadtrat nicht zu. Schließlich hat ja eine Jury entschieden. Die sind ja auch keine hilflosen Kinder, die sich dominieren lassen“, sagte Jelinek. Robert Menasse äußerte sich ähnlich über die Düsseldorfer Politiker: „Indem sie politisch korrekt und gute Deutsche sein wollen, produzieren sie jedoch genau das, wogegen sie ihrer Meinung nach Haltung beziehen. Wer alle Serben über einen Kamm schert und glaubt, dass alle Serben Verbrecher sind, ist ein Rassist.“

Eine traurige Nachricht erreicht uns aus Japan: Der Regisseur Shohei Imamura ist tot. Er starb am Dienstag im Alter von 79 Jahren in Tokio an Leberkrebs, wie sein Sohn mitteilte. Seinen ersten Film, die Komödie „Gestohlene Sehnsucht“, drehte er 1958; in den Folgejahren ließ er mit Filmen wie „Das Insektenweib“ (1963) oder „Rote Mordgedanken“ (1964) die Konventionen des japanischen Studiosystems hinter sich. Mit seinen Filmen „Die Ballade von Narayama“ (1983) und „Der Aal“ (1997) hat Imamura zweimal die Goldene Palme bei den Filmfestspielen Cannes gewonnen (beim zweiten Mal teilte er sie sich mit Abbas Kiarostami, der für „Der Geschmack der Kirsche“ ausgezeichnet wurde). Seine letzte Arbeit stammt aus dem Jahr 2002; sie ist ein Beitrag zu dem Kompilationsfilm „11’09’’01“, in dem Regisseure wie Ken Loach, Mira Nair, Amos Gitai oder Sean Penn die Terroranschläge des 11. September 2001 reflektierten. Imamuras Episode ist eine der eindringlichsten. Sie handelt von einem aus dem Krieg zurückgekehrten Soldaten, der sich in eine Schlange verwandelt zu haben glaubt. Weder ihm noch seiner Familie gelingt es, diesen Wahn zu überwinden.