piwik no script img

unterm strich

Während der Kollege auf der gegenüber liegenden Seite gerade die Hochkultur verarztet, schlagen wir uns hier durch die Niederungen der Massenkunst und des deutschen Preiswesens.

Anhänger der Massenkunst Film wird vor allem dies interessieren: „Apocalypse Now“ wird neu synchronisiert. Nötig wird das, weil im Oktober eine neue Fassung des amerikanischen Vietnamwagnerconradgesamtkunstwerks in die Kinos kommt, die um Szenen erweitert wurde, welche bei der 1979er-Synchronisation keine Berücksichtigung fanden. Nun kann man aber nicht mehr die Sprecher von damals die neuen Szenen nachsychronisieren lassen, denn – tempus fugit! – die Sprecher und also auch die Stimmen sind inzwischen immerhin 22 Jahre älter. Für die meisten Darsteller hat man also Ersatz suchen müssen. Für Marlon Brando wurde Thomas Fritsch engagiert. Nur die Stimme von Christian Brückner scheint offenbar weder zu altern noch sich trotz ihrer Allpräsenz abzunutzen: Brückner wird wieder die Stimme von Martin Sheen sein, der bekanntlich den Captain Willard spielt.

Und nun zum Preis des Tages: dem Joseph-Breitbach-Preis, mit einer Preissumme von 255.000 Mark die höchstdotierte Auszeichnung für deutschsprachige Schriftsteller. Dazu gibt es nun zwei Anmerkungen zu machen: Die Jury traut sich wieder einmal nicht, den Preis einem einzelnen Schriftsteller zu geben, als ob so ne läppische Viertelmillion heute noch die Welt ist – bei Jauch gibt es mehr abzustauben. Aber wie es schon Tradition ist, hat die Jury den Preis gedrittelt, so dass pro Nase gerade mal 85.000 Mark übrig bleiben. Und, dies die zweite Anmerkung, die diesjährigen Nasen sind: Ingo Schulze, Thomas Hürlimann und Dieter Wellershoff. Ein jüngerer Ossi, ein mittelalter Schweizer, ein älterer Wessi – super ausgewogen, die Preisvergabe! Besser hätte das auch Joschka Fischers gesamtes diplomatisches Korps nicht hingekriegt.

Die Preise sollen am 28. September in Mainz vergeben werden. Bis dahin kann man darüber nachdenken, ob man nicht doch statt drei Autoren einem Autor wirklich ein bisschen die Arbeit erleichtern sollte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen