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unterm strich

Kulturföderalismus, wie ihn sich die Länder gerne vorstellen: Man denkt nur darüber nach, wie man dem Kulturstaatsminister einen ans Schienbein geben kann. Zum Beispiel mit der Drohung, aus der gemeinsam von Bund und Ländern getragenen Preußen-Stiftung in Berlin mit ihren 17 Museen auszusteigen. Leidtragender wäre unter anderem der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Klaus-Dieter Lehmann, der nun davor warnt, die größte Kultureinrichtung Europas zum „Vorwand für andere Kampfzonen zwischen Bund und Ländern“ zu machen. Die Ausstiegsdrohung sei umso verwunderlicher, sagte Lehmann im Tagesspiegel, als die Länder bei der Gründung der Stiftung 1957 leidenschaftlich um die alleinige Verantwortung für dieses Kulturerbe gekämpft hätten. Die jetzige Abkehr davon laufe auf eine „gewollte Zentralisierung seitens der Länder“ hinaus, so Lehmann – und das sei „alles andere als eine Sternstunde des so viel beschworenen Kulturföderalismus“.

Auch der kulturpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Norbert Lammert, warnt in derselben Ausgabe die Länder davor, ohne Not eine Grundsatzdebatte vom Zaun zu brechen, „deren Verlierer bedeutende Kultureinrichtungen außerhalb Berlins werden könnten“. Da die Finanzlage des Bundes sich von der der Länder und Kommunen kaum unterscheide, könnte der Bund bei einer vollen Übernahme der Preußen-Stiftung dies nur mit einer Verringerung seiner Mitfinanzierungen an anderer Stelle kompensieren – ob in Weimar oder Bayreuth.

Die andere Kampfzone, von der Lehmann spricht, hat nun eine Leitung: Die Kunsthistorikerin Hortensia Völckers und der Kulturpolitiker Alexander Farenholtz sollen gemeinsam die in Gründung befindliche Kulturstiftung des Bundes leiten. Das teilte Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin am Sonnabend der dpa mit. Völckers, die zuletzt als Beraterin des Staatsministers arbeitete, soll die künstlerische Leitung übernehmen. Von 1997 bis 2001 war sie Projektleiterin der Wiener Festwochen. Farenholtz, zur Zeit Referatsleiter im baden-württembergischen Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, werde Verwaltungsdirektor. Die beiden designierten Leiter sollen bei der konstituierenden Sitzung der Stiftung am 21. März in Halle in ihre Ämter gewählt werden. Dazu wird es auch die erste öffentliche Veranstaltung der Kulturstiftung in den traditionsreichen Franckeschen Stiftungen geben. Das Grußwort kommt von Literatur-Nobelpreisträger Günter Grass, der vor über 30 Jahren die Idee zu einer solchen Kulturstiftung hatte.

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