piwik no script img

unterm strich

Ein weiteres Kapitel „verschwundene Bilder“: Der wissenschaftliche Leiter des Museums Ostdeutsche Galerie (MOG) in Regensburg, Dr. Pavel Liska, erhält fast täglich Anrufe von Sammlern, die eines der verschollenen Bilder des deutsch-jüdischen Malers Ernest Neuschul (1895–1968) besitzen, dem das Museum zurzeit die Ausstellung „Die neusachlichen Bilder“ widmet. Im vorzüglich edierten Katalog sind zahlreiche verschollene Arbeiten abgebildet. Bei seiner Flucht vor den Nazis aus dem nordtschechischen Aussig 1938 nach London ließ Neuschul mehrere Kisten mit Bildern über Norwegen dorthin schicken. Angekommen sind die Kisten nie, und bis heute ist unklar, was mit ihnen passiert ist.

Ein sehr schönes Bildnis von Neuschuls erster Frau, der Tänzerin Takka-Takka, mit dem Titel „Takka-Takka tanzt“ von 1926 hat gleich für eine doppelte Überraschung gesorgt. Auf der Rückseite der Leinwand ist das ebenfalls verschwundene Aktbildnis dreier liegender Frauen gemalt. Jetzt hat eine alte Dame, die die Neuschuls noch persönlich gekannt hat, bei einem Besuch der Ausstellung in Regensburg ein Neuschul-Bild mitgebracht. Es ist das einzige, das sie bei ihrer Flucht aus der Tschechoslowakei gerettet hat. Auf dem barock anmutenden Gemälde präsentiert eine junge Frau (Takka-Takka) aus dem Dunkeln eine Obstschale auf ihrer Hand, eine Parallele zu Salome, die Herodes den Kopf Johannes des Täufers zeigt. Dr. Liska gelang es, die Frau dafür zu gewinnen, das Bild als Leihgabe dazulassen. Neben dem bereits kurz vor der Eröffnung aufgetauchten Bild zweier sitzender „Kinder“ von 1927 hängt es jetzt bis zum Ende der Ausstellung im MOG. Damit können inzwischen sechs Bilder von der Liste verschollener Gemälde gestrichen werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen