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„Ein zartes Miau ist alles, was von dem einst so starken Gebrüll des Goldenen Löwen übrig ist“, hätte Moritz de Hadeln, der Direktor des Filmfestivals Venedig, sagen können. Er drückt es etwas rabiater aus: „Der Goldene Löwe ist nichts mehr wert.“ Zu viele Dritte-Welt-Filme stünden auf dem Programm, zu esoterisch sei der Lido geworden, seit Venedig in den Achzigern die Heimat für ein schmerzhaft unkommerzielles Autorenkino wurde. Venedig hat also sein Weltniveau verloren und der internationale Filmmarkt nach und nach jegliches Interesse. Um dem entgegenzuwirken, kommt die cineastische Geheimwaffe Hollywood dieses Jahr zum tragen: „Road to Perdition“ von Sam Mendes, mit Tom Hanks und Paul Newman wären da zu erwähnen, oder „Frida“ von Julie Taymor, mit Antonio Banderas. Außerdem hatte de Hadeln die großartige Idee, endlich wieder deutsche Filme in den Wettbewerb aufzunehmen: „Nackt“ von Doris Dörrie und „Führer Ex“ von Winfried Bonengel. Ob diese Filme erfolgreicher sind als 1998 „Lola rennt“, bleibt abzuwarten, der letzte brüllende Goldene Löwe ging 1982 für Wim Wenders’ „Stand der Dinge“ nach Deutschland. Berlusconis Wunsch, das Filmfest dieses Jahr anders zu gestalten, hat de Hadelns Entscheidung für den kommerziellen Film sicher nicht beeinflusst: Mit Mitte-rechts-Regierungen kennt er sich nämlich aus, 16 Jahre war er unter der Regierung Kohl der Leiter der Berlinale.

Westfalen ist vielleicht nicht die Wiege der deutschen Kultur, aber offensichtlich ein Hort für Autoren. 2.000 davon haben die Experten in ihrem vierten und letzten Band des „Westfälischen Autorenlexikons“ gezählt. Es umfasst 70.000 bibliografische Angaben der zwischen 1750 und 1950 geborenen westfälischen Autoren und brauchte ganze 14 Jahre bis zu seiner Fertigstellung. So lange werden wir auf die Onlineausgabe über westfälische Autoren wohl nicht warten müssen.

Noch kurz gemeldet: Ein Blick in die Katakomben der Semper-Galerie und der Semper-Oper haben Kulturstaatsminister Nida-Rümelin restlos überzeugt – der Großteil der 100 Millionen Euro Wiederaufbauhilfe für geschädigte Kultureinrichtungen geht nach Sachsen.

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