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unterm strich

Heute erscheint im Karl Blessing Verlag ein Buch, das einen schlichten Titel trägt: „Unseld. Eine Biographie“ (350 S., 23,90 €). Peter Michalzik, Feuilleton-Redakteur bei der Frankfurter Rundschau, schildert darin das Leben des wohl bedeutendsten noch lebenden Verlegers Deutschlands, eben Siegfried Unseld, Chef des Suhrkamp Verlages. Peter Michalzik hat während der Recherche mit Unseld gesprochen, es handelt sich bei seinem Buch dennoch um keine autorisierte Biografie. Der Suhrkamp Verlag hat nun pünktlich zur Auslieferung des Titels eine Liste mit „Vorläufigen Errata“ an Journalisten verschickt und eine genauere Überprüfung des Textes angekündigt.

Offenbar sind Michalzik einige Fehler unterlaufen, die der Suhrkamp Verlag nun genüsslich korrigiert. Natürlich ist es nicht wirklich tragisch, wenn Michalzik Unseld und Hermann Hesse zum ersten Mal in Basel und nicht in Bern aufeinander treffen lässt – oder sich in der Frage irrt, welche Oberbekleidung Uwe Johnson während einer Veranstaltung zu Ehren Walter Benjamins trug. (Auch wenn der Suhrkamp Verlag selbstverständlich darauf bestehen muss, dass es eine Lederjacke war.) Auch die immer wieder gerne kolportierte Geschichte, wie Peter Handke in Paris sein Exemplar von „Mein Jahr in der Niemandsbucht“ entgegennahm, stellt der Verlag noch einmal richtig. Nein, Peter Handke hat weder Unseld noch seinen Lektor Raimund Fellinger beschimpft, und, nein, Raimund Fellinger war zu diesem Zeitpunkt nicht verlobt, sondern verheiratet. Gut. Dann wissen wir das jetzt. Sicherlich wird man über einige andere „Stellen“ in der Biografie dennoch reden müssen. Michalzik äußert sich zum Beispiel zu dem Streit und dem Zerwürfnis zwischen Siegfried Unseld und dessen Sohn Joachim, und Suhrkamp hat in diesem Fall einige „rechtlich relevante fehlerhafte Darstellungen“ ausgemacht. Und Michalzik berührt noch einen anderen empfindlichen Punkt. Er schreibt, dass Unselds Ehefrau Ulla Berkéwicz sich „als Jüdin verstand“. Dieser Aussage widerspricht der Verlag nun genauso deutlich wie der Behauptung, Ulla Berkéwicz habe sich ihren Nachnamen von ihrer Großmutter entliehen: Die Großmutter habe nicht Berkowitz mit Nachnamen geheißen, stellt der Suhrkamp Verlag richtig. Außerdem sei Berkéwicz kein „jüdischer Name“, wie Michalzik behauptet.

Im Karl Blessing Verlag reagierte man überrascht. Dort hörte man von der Errata-Liste erst durch Journalisten. An Blessing hatte Suhrkamp seine Korrekturen offenbar nicht geschickt – und auch vorab kein Interesse an der Durchsicht des Manuskripts gezeigt.

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