unterm strich:
Die Kunstwissenschaftlerin Nike Wagner wird ab 2004 Leiterin des Weimarer Kunstfestes. Die Urenkelin des Komponisten Richard Wagner habe sich endgültig entschlossen, diese Aufgabe zu übernehmen, sagte der Kunstfest-Sprecher Hellmut Seemann gestern in Weimar. Die Vertragsverhandlungen seien in vollem Gange. Größtes Problem sei jedoch die Finanzierung des Kunstfestes, denn die Stadt wolle sich zurückziehen.
Die neue Staatsministerin für Kultur und Medien, Christina Weiss (siehe taz von gestern), gibt erste Statements ab. So sieht sie keine Überlebenschance für eine Gesellschaft, die „zu dumm geworden ist, ins Museum zu gehen“. Der fehlende Respekt vor der Arbeit von Künstlern sei ein „großes Bildungsmanko in unserer Gesellschaft“, erklärte die parteilose frühere Hamburger Kultursenatorin gestern in einem Interview mit dem Berliner Tagesspiegel. Künstler seien jedoch die „Seismographen“ einer Gesellschaft, „in der Wahrnehmungsstörungen täglich zunehmen, in der kaum noch jemand genau hinhören und hinschauen kann“. Weiter beklagte Weiss, dass die Gesellschaft wieder in eine „politische Phase“ eingetreten sei, in der die Werte des Geistigen und Kulturellen „bagatellisiert“ würden. „Ich erachte diese Entwicklung für eine Katastrophe.“ Sie sprach sich gegen einen Kulturkonsum „an der glatten Oberfläche“ aus. „Was ich kritisiere, sind zum Beispiel die drei, sieben oder zehn Tenöre.“ Schauen wir mal, was sie aus diesen Maximen für konkrete Handlungsanweisungen ableitet. The Three Tenors wird sie doch nicht gleich verbieten wollen?
Und was Frau Weiss wohl von ihren lieben Kollegen halten wird? Von unserer Frankreich-Korrespondentin Dorothea Hahn erreichte uns folgende Mail: „Unser neuer Superminister Clement war am Tag der deutschen Einheit in Paris und hat aus dem Anlass unter anderem meine Wenigkeit empfangen. Es gab (ausgezeichneten) rheinischem Sauerbraten. Vor dem Publikum im Garten der Botschaftsresidenz (Palast von Napoleons Exgattin Josephine) – mehrere hundert Leute, darunter sämtliche Botschafter in Paris, frz. SpitzenpolitikerInnen und Kulturleutee – hat Clement ,sein‘ Land zu loben versucht. Dabei baute er eine filmische Brücke nach Frankreich, dachte er. Der Erfolgsfilm über ,Mélanie‘ sei zu großen Teilen in NRW gedreht worden, sagte Clement. ,AMELIE‘ zischte es aus dem Publikum. Zwei Sätze später: ,Melanie‘ sei ein guter Beleg für die franco-nordrheinwestfälische Zusammenarbeit. Wieder Zischen im Publikum … Erst im dritten Anlauf kapierte Clement.“ Da hat Frau Weiss noch Einiges zu tun.
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