unter tage :
Die Bürger an Ruhr und Emscher scheinen etwas langsam. Immer wieder müssen von weit her Menschen importiert werden, um dem Volksstamm mal zu zeigen, wie die Welt da draußen aussieht und was man hier im Pott alles verpassen könnte. Um erst einmal die Ohren der RevierbewohnerInnen an fremde Klänge zu gewöhnen, läuft seit 1993 die Reihe Klangkosmos, seit diesem Jahr gefördert von den Kultursekretariaten in Wuppertal und Gütersloh sowie der NRW Landesregierung. Doch im Dortmunder Keuning-Haus musste das Publikum am vergangenen Freitag seine Ohren nicht groß umstellen: Der New Yorker Geoff Muldaur spielte die Art von Folklore, die jeder kennt: Gitarren-Blues. Dazu passend die schummrige Kerzen-Beleuchtung im Raum, der für die 50 ZuhörerInnen viel zu groß war. Zur Auflockerung der Atmosphäre erzählte der Mittfünfziger Muldaur ständig Geschichten zu den Liedern und aus seiner Zeit als junger Mensch in New Orleans. Mit diesem Programm fiel Muldauer aus dem Rahmen der Musikgruppen, die durch zwölf Städte in der Region touren. Für die Dortmunder Zuhörerschaft gibt es bald noch fremdere Klänge zu hören: Das Sanam Uyghur Ensemble spielt usbekische Volksmusik mit Instrumenten, die sich „Satar“, „Dutar“ , „Valc“ oder „Rawap“ nennen.
Abseits vom teuren importierten Kulturkonsum – biennal, triennal oder weiß der Kuckuck welcher Turnus – machen sich die Einheimischen natürlich Sorgen. Hat das Ruhrgebiet eine Zukunft? Gibt es tatsächlich den geheimnisvollen Strukturwandel, den niemand sieht, von dem jedoch immer behauptet wird, er fände statt? „Zur Zukunft des Ruhrgebiets. Stadtkultur, Strukturwandel und Großprojekte“, heißt der Vortrag des Oberhausener Kulturgeschichte-Professors Roland Günter, den die Duisburger Volkshochschule am Mittwochabend in ihrer Zentrale in der City anbietet. Günter ist ein Kenner des Ruhrgebiets und ein kreativer, streitbarer Kopf und Analytiker, der die Diskussion über die Gestaltung der einfältigen Ruhrgebietsregion auch mit unkonventionellen Ideen bereichert.
Die werden auch in Mülheim ausgebrütet, insbesondere im Theater an der Ruhr: Im Juli 2003 erarbeitete Roberto Ciulli zusammen mit dem Filmregisseur Hans Peter Clahsen und Patienten der Forensischen Psychiatrie der Rheinischen Kliniken Langenfeld das Theaterprojekt „Wie hast du geschlafen?“. Die Treffen wurden filmisch dokumentiert. Am Montagabend findet im La Luna (neben dem Theater an der Ruhr) der politische Salon zum Thema „Die Normalität ist der Skandal. Zum Zustand der Psychiatrie“ statt. Ciulli, Clahsen und Gäste aus der Forensik diskutieren Resozialisierungmöglichkeiten mit Hilfe des Theaters. Dann werden zum ersten Mal Ausschnitte aus dem Film gezeigt.
Zum Schluss noch ein Hinweis für Big Spender. Das kopflose Konzerthaus in Dortmund braucht angesichts seines riesigen Defizits Hilfe. Bleiben sie mal weg von den ewigen Ruhrpott-Komödien, gönnen Sie sich mal einen Abend in Las Vegas: Sie nannten sich „The Rat Pack“: Frank Sinatra, Sammy Davis Jr. und Dean Martin – die Weltstars des Showbusiness sangen gern live und meist im Vegas-Schuppen Sands. Ihre Shows dort waren legendär und schon damals für normal Sterbliche unerschwinglich. Aber ihre Musik begeistert noch Millionen Menschen. Am Sonntag kommen sie als gut gemachtes Plagiat nach Dortmund. Wenn es hilft...