themenläden und andere clubs: Woher Schuhgeschäfte ihre Namen haben
Sportfreunde Leiser
Schon seit es ihr kleines, unterschätztes Wissenschaftsgebiet gibt, diskutieren die schlauen Linguisten dieser Welt folgendes Problem: Hat das Ding seinen Namen nach seinem Aussehen/Klang bekommen – oder hat die Benennung irgendwelche ethnolinguistischen, total abstrakten Gründe?
Diese beiden Forschungsrichtungen hat mir ein freundlicher westfälischer Linguistik-Professor einmal so erklärt (ich war natürlich nicht Studentin, sondern Pennerin, und im Winter kam ich immer zum Auftauen und Stinken ins Audimax, wo gerade Linguistik-Vorlesungen stattfanden): „Zur Veranschaulichung gucken Sie bitte mal her“, sagte er. Dann formte er mit den Händen quasi einen Ballon (oder einen dicken Hintern) nach und sagte langsam „Baum“. Danach holte er zu einem Handkantenschlag aus und zischte „Axt!“.
Das ist quasi der eine Ansatz. Der andere wird klar, wenn man „Baum“ nur mal in die paar Sprachen übersetzt, in denen man sich so über Bäume unterhalten kann: „Arbre“ hat ja noch etwas sehr schön blättrig-voluminöses, und auch durch „Agaç“ säuselt der Wind. Doch wie pissig (sic!) und un-baumig klingt denn wohl „Tree“?!
Jetzt komme ich aber endlich zur Sache. In letzter Zeit hatte ich nämlich im Nachtleben immer wieder mit Namen zu tun, bei denen man gar nicht mehr weiß, ob sie ihreN TrägerIn doof gemacht haben oder umgekehrt. In einer Charlottenburger Bar namens Hefner, die angeblich aber wirklich nicht wegen Hugh Hefner so heißt – ehrlich! –, verwechselte zum Beispiel neulich ein komischer Mensch meine Freundin und mich mit Playboy-Bunnies und stellte sich mit „SedlmayerSeppl“ vor. Ohne auch nur einen Anflug von Humor.
Auch als wir erst krischen (veraltet für: kreischten), dann blasiert guckten, schließlich beleidigten und zuletzt nur noch abwinkten, blieb der „SedlmayerSeppl“ uns an den Hacken kleben wie Zwei-Komponenten-Kleber (bei dem es übrigens auf die Stärke des Drucks ankommt, nicht auf die Länge!). Wir mussten ihn umbringen, um ihn loszuwerden. Den restlichen Abend verbrachten wir mit einem langen und intensiven Gespräch darüber, ob denn nun so ein Seppl immer schon so war, oder ob man mit einem solchen Namen einfach so werden muss.
Mir, die ich durch den eingangs erwähnten Linguistik-Professor geschult bin, leuchtet natürlich eher die Theorie mit den vielen verschiedenen, vom Äußeren ganz unabhängigen Faktoren ein. Meine Freundin fand dagegen in kürzester Zeit eine Menge Beispiele für Leute, die doofe Namen haben und darum auch doof seien. Sie sei noch NIE! neben einem Udo aufgewacht, schon gar nicht mit einem Nachnamen wie „Kötterheinrich“ oder „Kollermann“. Und jemandem mit einem Namen wie „Harry Herle“ würde man ja wohl nicht im Traum Geld oder Autoschlüssel leihen, der käme eher in den Knast, bevor er etwas zurückzahlen könne, und sie kenne leider überhaupt keine netten Jasmins.
Aber wie gesagt, ich glaube das nicht. Ich glaube sogar, dass manchmal Namen extra so gewählt werden, dass sie überhaupt nicht zu ihrem Träger passen, aus einer ganz klar erratischen Lust heraus. Oder warum heißen gerade Schuhläden, in denen man bekanntlich entweder laute Stöckelschuhe oder trampelige Stiefel kaufen kann, unbedingt „Leiser“ oder „Stiller“? Und warum nennt sich eine Hosenpuper-Band „Echt“, obwohl sie sich, wenn sie ehrlich wäre, „Schlecht“ nennen müsste? Für die Frisurterroristen von „Pur“ könnte man sich ebenfalls ein passenderes Adjektiv als Band-Namen vorstellen: „Schlicht“. JENNI ZYLKA
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