themenläden und andere Clubs Porno-Profis immer echter: Filmclubs und Clubfilme
In den Filmclubs sind die Pornofilme zentral, und Clubfilme laufen meist – in Nachtbars z. B. – nebenbei. So oder so müssen sich die Produzenten ständig was Neues einfallen lassen. Ihrer durchaus noch entwicklungsfähigen Frauenverachtung werden jedoch allein dadurch Grenzen gesetzt, dass die weiblichen Darsteller inzwischen richtige Stargagen bekommen, während die männlichen nur fürs Abspritzen bezahlt werden.
Der Black Porno, in dem die männlichen Mitwirkenden ausgesucht riesige Schwänze haben (worauf bereits eine erste Langnese-Werbung anspielt), entwickelt sich derzeit auch musikalisch immer mehr vom White Porno weg. Hierbei geht es meist immer noch um Parodien des Gang-Bangs: 100, 200 oder sogar 300 Männer stehen nackt und numeriert um eine Frau herum, mit der sie dann der Reihe nach ficken.
Daraus hat sich eine Subvariante entwickelt, die zunehmend erfolgreicher wird: Dutzende von Männer wichsen auf eine Reihe nackter Frauen – und diese versuchen, den Samen zu schlucken. Immer öfter thematisieren die „Clubfilme“ auch das obszöne „Clubleben“ selbst z.B. das des Kitkat-Clubs in Schönenberg, der eine eigene Videoreihe vertreibt. In diesen Pornos wird halbnackt getanzt, gefummelt, gefickt – und die Showeinlagen von Pornodarstellern unterscheiden sich nicht wesentlich von dem übrigen Geschehen drumherum.
Diese Pornos sind inzwischen ein eigenes Genre, wobei jedoch das wilde Clubleben mehr oder weniger inszeniert ist. Generell müssen die Pornoprofis immer „echter“ und die Laiendarsteller immer „professioneller“ wirken. Für den Mix liebt man „Orgien“ - in Fußgängerzonen, Flugzeugen, Eisenbahnabteils und auf Schiffen. Manchmal berühren sich letztere mit den Videos von Technopartys auf Kreuzschiffen. Nur dass hier das Pornographische ebenso wie das Nichtpornographische ziemlich überraschend wirkt.
Es gibt daneben jedoch auch einige Pornos, die bereits auf Love Parades gedreht wurden. In echt verlagern sich hingegen Technopartys anschließend gerne in Swingerclubs. Auch sie sind Drehorte für Pornofilme. In einigen wird laut Catherine Millet sogar Wert aufs Gefilmtwerden gelegt. Wie überhaupt die Entwicklung vom Arbeitsplatz über die Performance zum exhibitonistischen Auftritt immer weiter fortschreitet.
Bei den Schwulenpornos gibt es zugleich eine Hinwendung zur Working-Class-Atmo. Auch in den „Profi“-Anzeigen der Schwulenzeitungen inserieren die Callboys gerne als „Bauarbeiter“ oder „Matrose“ (der Schwarzmeerflotte z. B.). Hier wie dort wird die Personage immer exotischer: schwarzhäutig oder mandeläugig, indianisch oder sibirisch usw.
„Sie alle zusammen beginnen den Körper zu bilden, der sich den Wünschen zum Aufbruch gerüsteter Männer als geheimnisvolles Ziel anbietet,“ so fasst Klaus Theweleit in seinen „Männerphantasien“ die Entwicklung vom seefahrenden und kaufmännischen Entdecker über Gauguins Südseebilder zum Bumstourismus in alle Himmelsrichtungen heute zusammen. Der Euro wird ihn schon richten!
Wenn für Marx die käufliche Sexualität nur ein Spezialfall des Zwangs zur Prostituierung imProletariat insgesamt war, dann kann man vielleicht sagen, daß der Pornofilm nur ein Sonderbereich der allgemeinen Prostitution ist. Jetzt, da die Sexmessen die „Grüne Woche“ gänzlich ersetzt haben und Exboxenluder im Fernsehen die Verleihung des Pornofilmpreises kommentieren. HELMUT HÖGE
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