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taz.mag nachtrag

Wir hatten nicht damit gerechnet, dass die Geschichte von Dirk Maxeiner und Michael Miersch unter dem Titel Die unfeine Seite der Feinkostjünger bei allen LeserInnen Beifall findet (taz.mag vom 24. März).

Im Gegenteil hatten wir bei der Entscheidung für die Publikation darauf gehofft, dass er zu Diskussionen führt – ruhigen oder erregten. Es ging und geht darum, eine elitäre Ökokritik auf den Prüfstand zu stellen. Andersherum: Was ist an agrarischer Massenproduktion eigentlich so schlecht?

Die Reaktionen von Ihnen haben uns bestätigt: So viele LeserInnenzuschriften hat es noch zu keinem taz.mag-Text gegeben. Da kritisiert ein Leser das „Sammelsurium von Beispielen“ der Autoren; eine Leserin fragt sich, ob die „Verlierer“ des Preisdumpings der Supermärkte nicht die „Naturkostläden“ seien, welche auf diese Art niemals aus ihrer Nische kommen könnten. Eine nötige und wichtige Diskussion, in der Tat.

Darum ging es uns ja: Außerhalb des politisch kostenlosen Bekenntnisses zu besserer Nahrung eine Debatte anzustoßen über die Grundlagen der heutigen Ernährungsökonomie. Auf der anderen Seite hat uns erstaunt, dass manche LeserInnen eher ihren Vorurteilen sehr freien Lauf ließen.

Ein Leser wollte gehört haben, dass beide Autoren für die CDU beratend tätig seien. Was, selbst wenn es so wäre, daran ein Ausschlussgrund sein könnte, ließ er offen. Oder wurde mit diesem Hinweis eine alte Links/Rechts-Lagermentalität im bejahenden Sinne in Erinnerung gerufen? Dort die Bösen, wir die Guten? Dort die böse Massenlandwirtschaft, hier die guten Ökos? Sind es KetzerInnen, die das nicht einfach glauben?

Ein anderer Leser rief gleich direkt in der Redaktion an und fragte, weshalb wir für diese „Arschlöcher“ ein Forum eröffneten. Gestützt wurde, nein: nicht die Kritik, sondern der Affekt gegen den Text vielfach mit dem Hinweis, er sei die Inkarnation „statistischen Zahlenmülls“, mit dem Stoßseufzer schließend: „Aber damit lassen sich ja heute ganze Bücher füllen und verkaufen.“ Ist der Wunsch der Autoren, ihr Buch möge nicht unbeachtet bleiben, unseriös?

Prekär empfanden wir allerdings LeserInnenreaktionen, die uns rieten, künftig von der Publikation solcher Texte abzusehen: „Verschont uns bitte mit weiterem Schwachsinn aus seiner Feder“; der Beitrag strotze „in so eklatanter Weise von Unkenntnis in der Materie, dass ich mich frage, warum so etwas den Weg in die taz findet“. Hinter diesen Reaktionen lugt eine Mentalität der Ignoranz, der Abwehr gedanklichen Neulands hervor. Oder wie es eine Leserin frank und frei formuliert: „Der hätte verboten gehört.“ Und die Autoren gleich mit?

So unverblümt haben nur wenige ihren Verbotsfantasien gefrönt und redaktionelle Zensur gefordert. Wir finden, ganz traditionell: Die taz ist vor fast 22 Jahren gegründet worden, um ungemütlichen Texten eine Öffentlichkeit zu ermöglichen. Ausgeschlossen sind wie gewohnt Texte, die Rassismus, Sexismus oder Chauvinismus propagieren. Unbequeme Texte, so sehr wir ihren Tenor im Einzelfall nicht teilen, können bei uns nicht auf den Index kommen.

Die Diskussion um den politischen Zuschnitt einer ökologisch wie sozial tauglichen Agrarökonomie geht weiter. TAZ.MAG &LESERINNENBRIEFREDAKTION

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