taz.adventskalender (4) : Wir wünschen uns … weniger Erwartungen
Das Leben ist ein Wunschkonzert: Stimmt leider nicht ganz, aber zumindest im Advent werden Sehnsüchte, Hoffnungen – Wünsche eben – geäußert. Auch an dieser Stelle in der taz, bis zum 24. Dezember jeden Tag.
Ich laufe vom Einkaufen zurück, bin noch zwei Straßen von zu Hause entfernt. Hinter mir kommen zwei Frauen aus einem Hauseingang. Sie unterhalten sich. „Und da drüben“, sagt die eine, „da fängt übrigens gleich die (Straße in der ich wohne) an, da so schräg rüber, genau.“ – „Ah, nee, hab ich noch nicht von gehört.“ – „Ja, die ist auch, muss ich sagen, noch nicht ganz entwickelt. Aber es tut sich was. Vielleicht noch ein, zwei Jahre, dann ist das ne richtig gute, kiezige Gegend.“
Kiezige Gegend. Noch nicht ganz entwickelt. Alter. Ich drehe mich um, um zu sehen, wer so redet. Die sehen eigentlich normal aus. „Kiezige Gegend.“ Wuah. Was soll das sein? Womöglich etwas Ursprüngliches, Authentisches, ja? Schöne Scheiße. Ist aber noch nicht „kiezig“ genug, ja? Weil hier noch drei alte Leute wohnen und die Hunde noch nicht vegane Kekse kacken? Ich hasse es.
Ich hasse es, wenn Menschen in diese Stadt kommen und dann an Berlin rumnörgeln, das nicht so ist, wie sie dachten, dass es ist, nur weil sie selbst zu blöd, zu engstirnig oder zu verbissen sind, um festzustellen, dass sie immer blöd, engstirnig und verbissen sein werden, egal ob man sie in Kaiserslautern oder Bangkok aussetzt. Leute, die den Touristen in sich nicht ablegen können, weil immer und überall alles so sein soll wie im Lonely Planet und in der Brigitte auch.
„Noch nicht ganz entwickelt“, ey. Ich kann euch sagen, wer da nicht ganz entwickelt ist. Ich wünsche mir außengeräuschschluckende Kopfhörer, um dieses Genöle nicht mehr zu hören. Margarete Stokowski
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