taz-serie „wie retten sie die welt?“. heute: Vattenfall-Sprecherin Barbara Meifert : „Ich habe Ehrfurcht vor der Kilowattstunde“
Auf dem G-8-Gipfel in Heiligendamm Anfang Juni treffen sich die Mächtigen der Welt, um zu besprechen, wie es mit unserem Erdball weitergehen soll. Antworten – das ist jetzt schon klar – werden sie keine finden. Sie brauchen Nachhilfe. „Wie retten Sie die Welt“, fragt die taz deswegen bis zum Gipfeltreffen jeden Tag eine/n interessante/n Berliner/in.
„Ich arbeite seit zehn Jahren bei Vattenfall, und zehn Jahre Energie gehen nicht spurlos an einem vorbei. Ich habe mit der Zeit Ehrfurcht vor der Kilowattstunde entwickelt. Wenn man Kraftwerke besichtigt, also sieht, wie aufwendig Energie erzeugt wird, entwickelt man ein Bewusstsein für ihren Wert. Ich habe deshalb eine Wette abgeschlossen. Mit mir selbst. Und zwar versuche ich, jedes Jahr meinen Stromverbrauch zu unterbieten.
Vor fünf Jahren habe ich zum ersten Mal meine Stromrechnung bewusst angeschaut: Zu zweit lagen wir bei 1.400 kWh, gar nicht schlecht, ein Durchschnittshaushalt verbraucht jährlich 2.300 kWh. Seitdem optimieren wir. In alle Lampen sind Energiesparbirnen geschraubt, logisch. Wenn ich Kartoffeln koche, erhitze ich das Wasser im Wasserkocher und gieße es dann in den Topf. Solche Sachen. Plötzlich lagen wir bei 1.200 kWh im Jahr. Ich war wohl die einzige Berlinerin, die sich auf die Stromrechnung gefreut hat.
Tja, dann kamen vor drei Jahren unsere Zwillinge. Sie haben uns schlagartig um 500 kWh zurückgeworfen. Wir mussten eine Gefriertruhe anschaffen, und sieben Trommeln Wäsche in der Woche machen sich eben bemerkbar. Die Kinder erziehe ich natürlich konsequent zum Stromsparen. Sie lernen, wenn wir beim Abendbrot in der Küche sitzen, wird in allen anderen Räumen das Licht ausgemacht. Manchmal frage ich sogar ab, welche Geräte im Haushalt Strom verbrauchen – klingt fast spleenig, ich weiß. Aber so lernen sie einerseits, ökologisch zu leben, andererseits aber auch, was Mama den ganzen Tag macht. Und je nachdem wie ich die Kinder erziehe, werden sie später die Welt behandeln.
Natürlich geht es bei Energie nicht nur um Strom. Ein Auto haben wir uns erst wegen der Kinder zugelegt. Für die Herstellung eines Kilogramms Rindfleisch werden laut einer Studie zehn Kilo CO2 emittiert. Entsprechend essen wir sehr wenig Fleisch, und das kaufen wir im Bioladen. Insofern verdanke ich meiner Arbeit noch etwas: Ich habe ein Verhältnis zu der Energie entwickelt, die ich im Alltag verbrauche.
Wenn ich in der Öffentlichkeit in meiner Vattenfall-Funktion angegangen werde, zum Beispiel auf Veranstaltungen zum neu geplanten Kraftwerk in Klingenberg, denke ich oft: Mensch, in welche Ecke stellen die uns! Vattenfall betreibt schließlich zehn Kraftwärmekopplungs-Anlagen in der Stadt und unterstützt Solaranlagen auf Schuldächern.
Ja, mein Unternehmen verkauft auch Strom aus Kernenergie – als Teil eines Energiemixes. Ich sage es mal so: Ich lebe auch in Deutschland, und es gibt Dinge, die sagen einem mehr oder weniger zu. Eine Grundübereinstimmung ist aber ganz wichtig. Wenn die fehlt, muss ich auswandern. Und mein Empfinden ist: Hier kann ich Gutes bewirken.“
PROTOKOLL: ULRICH SCHULTE
Barbara Meifert, 37, ist Vattenfall-Pressesprecherin und arbeitet seit 1997 für den Energieversorger (früher Bewag).