taz-lab Kolumne S(ch)ichtwechsel #11 : Urlaub in Kriegszeiten?
Die russische Armee bombardiert die Ukraine, die Welt steckt in der (Klima)-Krise. Warum man trotzdem den Sommerurlaub planen sollte.
In unserer taz-lab-Kolumne S(ch)ichtwechsel schreiben unsere Autor:innen wöchentlich über Klima und Klasse.
taz lab, 31.03.2022 | Ich sitze vor meinem Lieblingscafé und trinke einen Eiskaffee. Es ist Ende März und fast 20 Grad warm. In der Ukraine tobt währenddessen der russische Angriffskrieg und ich frage mich, wie ich helfen kann.
Sollte ich jemanden aufnehmen in die Zwei-Zimmer-Wohnung, die ich mit meinem Bruder bewohne? Sollte ich mich an den Berliner Hauptbahnhof stellen und Hilfe organisieren?
Ich frage mich, wie ich helfen kann, und frage mich gleichzeitig nach meinem Sommerurlaub. Ist das egoistisch? Die Ukrainer:innen bangen um ihr Leben, fliehen aus der Heimat und ich denke an die Toskana, Oliven und Pinienkerne. Aber darf ich da überhaupt noch hinfliegen?
■ taz lab 2022 – Klima & Klasse, am 30. April 2022 ab 08.30 Uhr live im Stream auf tazlab.de
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Den Ukrainer:innen dürfte es egal sein
Während sich meine inneren Urlaubsdebatten in den vergangenen Jahren um Flugscham und meinen CO2-Fußabdruck drehten, kommt jetzt noch eine Frage dazu: Darf ich in den Urlaub fahren, während Russland die Ukraine in Schutt und Asche legt?
Es scheint mir unangemessen. Doch den Ukrainer:innen ist auch nicht geholfen, wenn ich nicht in den Urlaub fliege. Es dürfte ihnen ziemlich egal sein.
Und auch die Reaktionen auf diesen Text stelle ich mir vor: Wie privilegiert ist es bitte, jetzt über seinen Urlaub nachzudenken? In der Ukraine herrscht Krieg und dann so ein Artikel?
Privilegiert ist es ganz bestimmt. Weil ich einer Klasse angehöre, die sich den jährlichen Sommerurlaub leisten kann. Es ist aber auch ein öffentliches Nachdenken nach zwei Jahren Pandemie und zwei Corona-Erkrankungen trotz Impfung.
Ein Urlaub kann Wunder wirken
Anderen geht es schlechter und wir sollten alles Mögliche tun, um ihnen zu helfen. Das heißt aber nicht, dass wir nicht auch auf unsere eigene Gesundheit achten sollten. Viele sind ausgelaugt und gesundheitlich angeschlagen. Ein Urlaub kann da manchmal Wunder wirken.
Ich trinke also meinen Kaffee aus und gehe nach Hause. Ich setze mich vor den Computer und schaue nach möglichen Reisezielen. Wie wär’s mit Kreta?