taz-berlinalie: Der alte Schwung
Enke traf Lemke
Was soll sein? Schließlich hatte ich ja vor rund 10 Jahren schon den Stern-Artikel gelesen, in dem er sich in der besten (bzw. einzig guten) aller Stern-Rubriken, „Was macht eigentlich …?“, so nett an den Fragen vorbeibollert. „Wovon leben Sie heute?“, wird er gefragt, und Werner Enke antwortet: „Von den hohen Kneipenrechnungen, die ich in letzter Zeit nicht mehr mache.“ Dazu gab’s ein Foto, und darauf sah Enke natürlich nicht mehr aus wie zu „Sie hier lang – ich da lang“- oder „So ’n Wurstbrot, wo die Wurst so richtig überlappt“-Zeiten. Erwartet ja auch keiner. Bestimmt nicht.
Trotzdem hatte ich darüber nachgedacht, was ich zum „Dialog zwischen Werner Enke und Klaus Lemke“ anziehen soll, der im Rahmen der „European Sixties“-Reihe stattfand. Albern, jaja. Aber wenn man bis heute einfach nichts lustiger finden kann, als Enke in den ersten beiden Spils-Filmen! Und dann saß ich da und hörte mir mit den anderen aus Enkes und (genauso vielen) meiner Generation an, wie Jeansträger Enke und Jeansträger Lemke Anekdötchen durch den Raum wirbelten.
Teilweise reizende Anekdötchen, von Enke vorgetragen, wie man es erhoffte: wenn er Lemke, den Regisseur, liebevoll anpupt: „Tja, Lemke, lange, zusammenhängende Geschichten erzählen, das ist schwer“, oder herauskloppt, wie er mal mit einem „enorm leutseligen“ Mann mitgetrampt ist, um für kein Geld „Weekend in Twistingen“ zu drehen. Oder dass Stereo impotent macht. Aber das komische Gefühl, dass da jemand sitzt, den man für etwas anhimmelt, was er vor 30 Jahren gemacht hat, der aber leider auch seit 30 Jahren überhaupt gar nichts mehr gemacht hat, das war dann das, was am Ende übrig blieb. Der ganze alte Schwung ist definitiv hin.
JENNI ZYLKA
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