taz Marathon-Fonds : Mehr als ein Broterwerb
Ohne das Engagement von Doris Benjack sähe die taz heute an vielen Stellen anders aus.
von Klaudia Wick
Die taz war noch kein Jahr auf dem Markt, als Doris Benjack als Aushilfe im Satz anfing. Da war sie fast Mitte zwanzig und hatte ihr Pädagogikstudium an den Nagel gehängt, um Politologin zu werden. Der Studienfachwechsel kostete die Studentin aus dem Emsland den Bafög-Status, der taz-Job war also von Anfang an ein notwendiger Broterwerb, um sich das Wunschstudium zu ermöglichen.
Viele tazzler der ersten Stunde kamen aus dem Unimilieu, nicht wenige verloren ihr Studium zwischen Redaktion und Layout aus den Augen. Nicht so Doris Benjack, die – bald im Lokalteil der taz als taz-„Säzzerin“ festangestellt – 1983 ihr Diplom am Otto-Suhr-Institut ablegte. Es war das Jahr der Volkszählung, zwischen Stuttgart und Neu-Ulm formierte sich die erste Menschenkette Deutschlands gegen die Stationierung der Pershing II-Raketen. Doris übernahm die redaktionelle und layouterische Betreuung der Anti-AKW- und Friedens- Aktions-Seiten. Der selbstverwaltete und chronisch unterkapitalisierte Betrieb rang sich zu einer Samstagsausgabe durch.
Doris Benjack hat sich nie geschont, sie wechselte in die Produktionskontrolle - ein verantwortungsvoller und stressiger Job – und war auch später in der Regel immer dort engagiert, wo an der Qualität der taz gearbeitet wurde und wird. So hat sie gemeinsam mit Meino Büning das Korrektorat der taz eingeführt, später mit Ralf Klever eine neue EDV-Crew aufgebaut, nachdem die erste komplett weggekauft worden war.
Doris an vorderster Front
Dass sie zum Genossenschaftsmitglied Nr. 1 wurde, hat sie ihrem Nachnamen zu verdanken. Doris auch hier an vorderster Front: Als Vorstandsmitglied des Vereins der Freunde der alternativen Tageszeitung hatte sie die Selbstauflösung der Selbstverwaltung mitorganisiert und so den Start der Genossenschaft ermöglicht. Zur Anmeldung der Genossenschaft beim Amtsgericht war von den Vorständlern ihr Nachname im Alphabet ganz vorn.
Im neu gegründeten Betriebsrat – 20 Jahre auch als stellvertretende Vorsitzende – hat Doris Benjack das innerbetriebliche Klima maßgeblich mitgestaltet. Seit 15 Jahren ist sie als Praktikumsbeauftragte der taz für die Auswahl und Organisation der Praktika verantwortlich. Wenn die taz ein Talent entdeckt, hat Doris die Bewerbung im Zweifel schon mal in der Hand gehabt. Außerdem schult sie alle PraktikantInnen und AnfängerInnen in der Handhabung des Redaktionssystems.
40 Jahre taz zum Aushilfssalär
Man könnte es ganz einfach formulieren: Ohne das umfassende Engagement von Doris Benjack sähe die taz heute an vielen Stellen anders aus. Aber 40 Jahre taz zum Aushilfssalär, Einheitslohn, Haustarif – das ist bei der BfA nicht viel wert. Rund 900 Euro hat Doris Benjack zu erwarten, wenn sie nächstes Jahr im Herbst auf Rente gehen würde. Als Single und bei den steigenden Berliner Mieten keine rosigen Aussichten. „Also werde ich weiterarbeiten, bis ich umfalle“, sagt sie. Das erinnert an den Marathonläufer der Antike, der in die Geschichte einging, davon aber selbst nichts mehr hatte.