■ taz-LeserInnen schreiben zum Krieg gegen Afghanistan und die Folgen: Eine unverzeihliche Wiederholung
betr.: „Metaller gegen Bomben“, „Anwalt der Starken“, taz vom 3. 11. 01
Erst zauberte mir die Überschrift „Metaller gegen Bomben“ ein kleines Lächeln auf die Lippen. Die IG Metall hat also einen Bombenstopp gefordert, was in einer Demokratie eigentlich legitimes Mittel der Auseinandersetzung sein sollte. Ist aber nicht so. Nicht mit Ihnen als Kanzler, Herr Schröder. „Ihr Schuster, bleibt bei eurem Leisten und kümmert euch um die Belange eurer Mitglieder. Lasst die Finger von der Außenpolitik, davon versteht ihr nichts.“ Solche dumm-dreisten Unverschämtheiten haben es wirklich in sich. Das toppt alle bisherigen Versuche, Kriegsgegner mundtot zu machen.
Lieber Herr Schröder, das Schöne an der Demokratie ist ja gerade, dass sich auch derjenige äußern darf, der keine Ahnung hat. Sie selbst profitieren derzeit täglich von diesem demokratischen Prinzip. STELLAN EIDT, Rotenburg
betr.: „Für eine Kultur der Niederlage“, taz vom 2. 11. 01
Finde es schon nicht mal mehr rührend, sondern nur noch ärgerlich, wenn auch die taz folgende Wortkombination abdruckt: „humanitäre Katastrophe“.
Seit wann sind Katastrophen humanitär? Seit dem Kosovokrieg schwirrt diese irreführende Kombination durch die deutsche Medienlandschaft und Rudolf Scharping freut sich. Wenn es eine beliebige wäre, könnte ich damit leben, aber hiermit wird ja das Herz weich geklopft und der heilige Samariter in uns angesprochen und dann die richtige politische Antwort „Ich bin schon gegen den Krieg, aber . . .“ hervorgelockt.
Katastrophen sind grausam, nicht humanitär, der Weg sie zu bekämpfen, sie zu bändigen sollte nicht ebenso grausam sein, sondern humanitär. ASAREEL KRIENER, Chicago, USA
betr.: „Krieg in Afghanistan: Neue Taktik der USA“, taz vom 3. 11. 01
Vielen Dank für den Kommentar von Bernd Pickert und für die vielen wertvollen Gegenstimmen zu der schrecklichen Symphonie der Barbarei, die jetzt (schon wieder) die Lieblingsmelodie des ach so zivilisierten Westens geworden ist.
Was sagen eigentlich Schröder und vor allen Dingen Fischer zu den Streubomben und zu den alles andere als „chirurgisch sauberen“ Eingriffen, die uns versprochen wurden. Welche obskuren Allianzen werden geschmiedet und bis zur Selbstverleugnung (oder etwa doch nicht!?) bekräftigt. Das Pokerspiel der Macht wird in den Hinterzimmern gespielt, das Volk soll vertrauen und still bleiben. „Vater Staat“ findet seine gefährliche Lieblingsrolle als Über-Vater wieder, die Bürgerinnen und Bürger werden zu ahnungslosen Kindern degradiert und über Nacht werden Gesetze eingeführt, die der Feind des Bösen sein sollen und gleichzeitig das schreckliche Potential zur Unterdrückung jeglicher Opposition beinhalten. Wenn das nicht schon so oft dagewesen wäre, könnte man es noch als „Anfänger-Fehler“ betrachten. Im Licht der letzten hundert Jahre ist es eine unverzeihliche Wiederholung, die letztlich doch nach Kalkül riecht, und genau das macht es so schlimm.
Nochmal: Was sagen Schröder und Fischer zu alledem? Mich entsetzt dieses Schweigen. Mich empört das Schweigen der Grünen, die auch ich gewählt habe. Stattdessen koaliert man sich zu Tode und schluckt eine Kröte nach der anderen, bis die eigene Stimme verstummt – verstummen muss.
Gut, dass es die taz gibt, ich kann sie so nur weiterempfehlen.
PHILIP GASSMANN, Regisseur, München
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