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taz🐾lageChiles Demokratie wird auch in Berlin verteidigt

Lautes Stimmengewirr bricht durch die sonntägliche Ruhe im taz-Haus. Es klingt nach einer Mischung aus Kindergeburtstag und Geno-Treffen. Neugierig, wie wir Journalistinnen nun mal sind, finden wir schnell heraus, dass es sich um eine Wahlparty handelt. Die chilenische Diaspora versammelt sich im Nachbargebäude, wo heute die Stichwahl um die Moneda stattfindet, den Amtssitz des Präsidenten in Santiago de Chile. Und während im südamerikanischen Land selbst eine Wahlpflicht herrscht, steht es Exilchileninnen offen, ob sie an die Urne gehen. Es sei jedoch „eine ethische Pflicht“, betont die 43-jährige Natalia, die mit ihrem deutschen Mann und ihrem Sohn hier ist. Doch sie habe ungültig gewählt: Den rechtsradikalen Kandidaten José Antonio Kast könne sie nicht wählen, und die Kommunistin Jeannette Jara gefalle ihr nicht. Damit ist Natalia eine Ausnahme – zumindest in Berlin. Denn hier, so berichtet ein Mitarbeiter der chilenischen Botschaft, der anonym bleiben möchte, erreichte die linke Kandidatin schon im ersten Wahldurchgang weit über 80 Prozent der Stimmen.

„In Berlin ist man einfach progressiver“, bestätigt auch der 35-jährige Cristóbal. Cristóbal? Wie Kolumbus? „Ja, leider“, sagt er. Es sei bereits das dritte Mal, dass er hier in Deutschland wählt. „Das war letztes Mal auch hier“, bestätigt er. „Aus Platzgründen, die Botschaft ist sehr klein“. Dass nebenan eine linke Zeitung ist, wusste er nicht. Er wählt natürlich auch Jara. Dass sie gewinnt, glaubt hier keiner. Und da sie ohnehin in Deutschland leben, betrifft es sie auch nur peripher. Präsident Kast? Ein guter Grund, um weiter in Berlin zu bleiben. Und das in so guter Nachbarschaft. sny

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