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taz🐾lage

Die Legende vom Sommerloch

Das hätte jetzt nicht sein müssen, da ist die Meinung in der Redaktion einhellig. Um 12.15 Uhr und 17 Sekunden verschickt die dpa die Eilmeldung, dass Haseloff in Sachsen-Anhalt aufhört. „Au weia“, kommentiert der erste Kollege um 12.17 Uhr und 8 Sekunden im Team-Chat. Das bringt die Tagesplanung durcheinander. Im dritten Stock wird getüftelt und um 12.55 Uhr und 42 Sekunden steht die neue Seitenaufteilung: Der Ministerpräsident als Aufmacher auf Seite 2, Kommentar dazu auf Seite 1. Bis die dpa um 13.05 Uhr und 54 Sekunden wieder eilt: Es geht doch nicht auf, Brosius-Gersdorf zieht zurück. Um 13.26 und 35 Sekunden steht der allerneueste Plan: Zu Haseloff haben wir doch keine Meinung, der Text wandert auf die 6, die Richterin auf 1 und 2. Damit wäre die Mittagspause auch gelaufen.

Berufsrisiko, klar. Aber, merkt gegen halb vier jemand im Großraumbüro an: Ein bisschen Sommerloch wäre jetzt auch mal schön. Keine Termine, keine Überraschungen, dafür ausnahmsweise mal zwei Wochen Planbarkeit für den Zeitraum zwischen 9 und 17 Uhr. Zustimmung an den Nachbarschreibtischen – bevor dann doch die Diskussion losgeht: Ist das Sommerloch nicht eine Legende? Wann fand 2015 denn der Flüchtlingssommer statt? In welchem August fiel eigentlich Kabul? Und waren wir vor 12.15 Uhr eigentlich schon im Sommerloch? Ja, sagt der Kollege, wir hatten gestern sogar die Rente als Aufmacher. Nein, meint die Kollegin, die Rente ist wichtig und fürs Sommerloch braucht es schon ein entlaufenes Tier. Müsste man mal ausdiskutieren, aber jetzt ruft die Arbeit: In diesem Sommer wird das wohl nichts.

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