taz🐾lage:
Die belesene Zeitungscousine der taz
Es ist weit über zehn Jahre her, die taz saß noch im alten Haus in der Rudi-Dutschke-Straße, und die Redaktion stritt über ein neues Layout, das kürzere Texte vorgab. „Aber die taz-Leser lieben lange Texte, sie lesen sie sogar!“, rief eine Kollegin hell in die Runde. „Das zeigt doch schon Le Monde diplomatique!“ Es wurde dies als schlagendes Argument wahrgenommen, und das ist es bis heute, da LMd den 30. Geburtstag seiner deutschen Ausgabe feiert. Am 12. Mai 1995 lag LMd der taz zum ersten Mal bei; der damalige taz-Chefredakteur Thomas Schmid und Geschäftsführer Kalle Ruch hatten die Kooperation mit dem französischen Blatt eingetütet (vgl. Seite 37 in der aktuellen Ausgabe der wochentaz).
LMd lässt sich aus taz-Sicht wie eine kluge, weit gereiste Cousine beschreiben, die regelmäßig zu Besuch kommt. Immer hat sie etwas gelesen, was man noch nicht kennt, war auch in entlegenen Winkeln der Welt länger vor Ort und kann vertieft berichten, während man selber beim Lesen nachdenklich seinen Keks in den Kaffee tunkt: Habe ich das so schon betrachtet? Und wie die belesene Cousine auch stets den Titel des Buchs nennt, aus dem sie gerade zitiert, hat LMd Fußnoten, was eine herzerwärmende, gar nicht zeitungshafte Maßnahme zur Vertrauenssteigerung ist.
Le Monde diplomatique ist dennoch manchmal undiplomatischer als die taz und findet zum Beispiel Amerika vielfach schrecklich, wenn in der taz das Bild der USA ambivalenter, schrecklich und schön, gezeichnet wird. Oft nimmt LMd auch Fäden auf, die in der taz liegen geblieben sind: Wo steht die Kritik am Neoliberalismus heute, wie lässt sich das Weltwirtschaftssystem neu beschreiben? Es macht uns froh, dass LMd bei uns dazugehört und uns beehrt. Herzlichen Glückwunsch zum 30.!
Ulrike Winkelmann
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