tarifstreit : Murren, dann unterschreiben
Zweimal müssen wir noch schlafen, dann ist klar, wie der Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst enden wird: im Arbeitskampf oder mit der Annahme eines Schlichterspruchs. Die Arbeitgeber von Bund, Ländern und Gemeinden zieren sich noch. Sie sollten diese Taktiererei lieber lassen. Es zeugt von politischer Klugheit, die Gehaltsanhebung von knapp 2,5 Prozent für Müllwerker, Flughafenarbeiter und Busfahrer hinzunehmen.
Kommentarvon CHRISTIAN FÜLLER
Streng wirtschaftlich betrachtet, täte nur eine Nullrunde den öffentlichen Kassen gut. Ein Streik käme die Arbeitgeber ungleich teurer – politisch und finanziell ebenso wie in der öffentlichen Wahrnehmung.
Denn die Aufrührer-Redaktion von Bild und die „Barrikade“-Barings warten nur darauf, den Rot-Grünen auch noch das Chaos eines Streiks anzuhängen. Selbst wenn der Ausstand typisch deutsch verliefe und Verwaltungsfachangestellte bis knapp an die Rasenkante herandemonstrierten, der Boulevard hätte sein Thema. Egal, ob schwarz-gelbe Regierungen zu den Neinsagern gehören, wir hören das Geschrei schon: Das Land am Ende! Und jetzt auch noch Streik! Venezolanische Verhältnisse!
Gewiss, die Haushalte sind strapaziert. Sie halten in den Gemeinden und Bundesländern höhere Personalkosten kaum aus. Aber da sollte man, ausnahmsweise mit Ver.di, die Frage stellen dürfen, woher der wundersame Geldschwund kommt.
Nein, Rot-Grün hat nicht schlecht gehaushaltet. Die Koalition hat eingespart, wo es ging, und gleichzeitig die Kreditaufnahme abgesenkt wie keine Regierung zuvor. Der Fehler von Kanzler Schröder und Finanzminister Eichel war es vielmehr, der Wirtschaft 40 Milliarden Euro geschenkt zu haben. Nicht die Steuerreform an sich war dabei das Problem. Die Krise entsprang handwerklichen Fehlern – und der buchhalterischen Gnadenlosigkeit, mit der die Industrie sie nutzt. Großkonzerne wie Siemens oder Bertelsmann zahlen keine Steuern mehr oder fordern von kleinen Kommunen die bereits überwiesenen Gelder zurück. Die Industrie hat uns die Suppe mit eingebrockt – auslöffeln sollen sie nun Beamte, Angestellte und alle jene, die von künftigen Etatkürzungen betroffen sind. Das wäre nicht fair.
Für den Ausgleich dieser Ungerechtigkeit, so unvernünftig das scheint, ist jetzt der Staat zuständig. Als Arbeitgeber dürfen die Finanzminister gerne noch ein wenig auf ihren Rotstiften kauen. Dann sollten sie aus politischen und sozialen Gründen die Schlichtung akzeptieren.