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tamtürktür ... hund und hund (2) von BJÖRN BLASCHKE

Waren Prophet Mohammed und seine Kumpels nicht nur Religionsstifter, sondern auch Hundehasser? Mit dieser Frage schloss ich kürzlich eine Kolumne, in der ich darauf hinwies, wie Katzen liebend der Prophet war. Überlassen wir die Antwort anderen: In Orhan Pamuks schönem neuen Roman „Rot ist mein Name“ weist ein erzählender Hund darauf hin, dass er und seine Artgenossen in einer Sure des Korans gut wegkommen. Kurz gesagt, ziehen sich in dieser Sure sieben Jünglinge, die es leid sind, unter Götzendienern zu leben, in eine Höhle zurück. „Du könntest sie für wach halten, indes sie schlafen; und wir werden sie auf die rechte Seite und auf die linke sich umdrehen lassen, während ihr Hund seine Vorderpfoten auf der Schwelle ausstreckt.“ (18. Sure, Vers 18, „Die Höhle“) Die Lehre, die man aus diesem Vers ziehen könnte, lautet: Hunde sind Wachtiere. Nichts anderes. Dazu gehört, dass Hunde sich außerhalb menschlicher Behausungen aufhalten sollten.

Genauso verfuhren auch die Türken lange Zeit mit Hunden. Sie züchteten sich Hütetiere zum Schutz von Haus, Hof und Schafsherde. In den Dörfern Ost- und Südostanatoliens kann man diese Hirtenhunde bis heute sehen – und das möglichst rechtzeitig, um ihnen aus dem Weg zu gehen. Denn jedes dieser Tiere gleicht Zerberus, dem Bewacher des Hades. Mit zwei kleinen Einschränkungen: Der antike Höllenhund trug sicher kein Halsband. Den riesenhaften anatolischen Hunden wird dagegen eines umgelegt – mit nach außen gedrehten, Zentimeter langen Stacheln, damit die Wölfe, gegen die sie im Winter antreten müssen, überhaupt keine Chance haben. Zudem ließ sich Zerberus, wollte man an ihm vorbeikommen, mit Honigkuchen bestechen. Jene Hunde aber, die in den Tiefen Anatoliens leben, beißen lieber in die Reifen eines fahrenden Autos, als sich mit so Lächerlichkeiten wie Keksen abspeisen zu lassen.

Lange Zeit hielten sich die Türken lediglich Zerberus’ Cousinen und Cousins. Keine anderen Hunde. Dann kamen sie, die Türken, die nicht weniger affirmativ sind als die Deutschen, hierher und übernahmen unsere Ticks. Fehlte bloß noch, dass die Türken dereinst ähnlich sensibel werden wie die Griechen! Aus Saloniki wurde kürzlich berichtet, dass sich ein streunender Hund im Oberschenkel einer Frau verbissen hatte. Daraufhin rief die Perforierte bei der zuständigen Kommunalbehörde an und bat darum, dass das Problem mit vier Beinen und Gebiss bitte ein für alle Male erledigt werden möge. Der Beamte auf der anderen Seite der Leitung erwiderte, ja, ja, man habe bereits von dem Tier gehört und es kastriert. Daraufhin rief die Frau: „Ich hab gesagt, der Köter hat mich gebissen – nicht gefickt!“

Gläubige Muslime pflegen ein natürliches Verhältnis zu Hunden. Sie halten sie sich als Hütetiere – und ansonsten vom Leibe. Wenn nötig mit Gewehrkugeln wie in Kairo, wo streunende Straßenhunde erschossen werden. In diesem Punkt kann man sich manchmal nur wünschen, dass dereinst alle Menschen gute Muslime werden; die Welt wäre jedenfalls weitaus weniger beschissen!

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