szene:
VonChristian Rothenhagen
Ich sitze in meinem Atelier und arbeite. Die Tür geht auf, ein offensichtlich etwas derangierter älterer Mann kommt herein und fragt direkt: „Seid ihr das Museum?“ Weil, er sei auch Künstler und dann, „… das Bild x von Künstlergruppe y …“.
„Nein, das ist mein Atelier“, unterbreche ich ihn. „Ach, das ist ja sehr schön.“ Er setzt wieder an, „… weil …“. Ich wiederhole mich. Nun hat er mich dann wohl verstanden. „Ja, weil das Museum … die wollen mich beklauen!“ „Aha, wie das?“, frage ich ihn höflich. Er öffnet seine Jacke, zeigt mir ein verwaschenes T-Shirt mit billigem Copyshop-Foto-Digitaldruck und sagt, er hätte ganz viele davon. Bestimmt 50 Motive. Alles seins, sein Copyright. Er hätte ja die Fotos von der Kunst gemacht, und das Museum wolle ihm das nun verbieten. Ich versuche ihm zu erklären, dass es so was wie Urheberrechte gibt, und nicht einfach jeder Mensch ein Foto von Kunst machen und es dann einfach als seins nutzen könne. Schon gar nicht kommerziell.
Jetzt bekomme ich zu hören, er sei Steuerberater und kenne sich da aus, und mit Urheberrecht ja sowieso. Danach folgt ein ebenfalls ungefragter und recht wilder Exkurs über verschiedene Qualitäten auf unterschiedlichen T-Shirt-Farben. Gefährliches Halbwissen, aber ich lasse ihn ausreden. Als er seinen Redeschwall beendet hat und gerade wieder ansetzen will: „Aber die wollen mich beklauen …“, unterbreche ich ihn und versuche ihm erneut zu erklären, dass es Urheberrechte gibt und man nicht einfach alles nutzen kann.
Seine Antwort fällt so direkt wie dreist aus: „Da schreib’ ich Copyright drunter, mache so’n C mit nem Kreis dazu, dann isses meins, alles! Das weiß ich genau.“ Dann rennt er raus. Wenn doch nur alles so einfach wäre.
Christian Rothenhagen
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