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Archiv-Artikel

streiktagebuch „Das Ergebnis ist doch lachhaft“

Sabine Bulla fährt seit 21 Jahren Bus bei der BVG. Wenn es um was geht, streikt sie wieder.

„Ostern war schön. Am Sonntag war ich mit Freunden zusammen und am Ostermontag mit meinen Kindern. ‚Chillen‘ sagen die. Wir haben gechillt. Wenn die so ein Wort zum ersten Mal sagen, frage ich: ‚Wat’n dette?‘

Am Dienstag hätte ich eigentlich frei gehabt, aber ich bin Bus gefahren. Um vier Uhr aufgestanden. Die Linie 100 hatte ich. Viel erlebt hab ich da nicht. Gut, man sieht den Reichstag, die Staatsoper, den Lustgarten – das ist ja schön. Aber viel reden mit den Touristen kann man nicht. Trotzdem: Eigentlich sind die Touristen immer gut drauf. Denen gefällt Berlin. Das freut mich als Berlinerin ooch.

Man sagt ja, Berliner wollen nirgendwo sonst wohnen als in Berlin. Aber ich würde gern in Amerika bei meiner Familie leben. Dreimal hab ich sie besucht. Zweimal in Richmond, Virginia, einmal in Florida. Da sind die jetzt hingezogen. Toll. Toll. Wenn ich den Mut hätte, würde ich gehen.

Was der Streik macht? Keine Ahnung. Ich hab nix gehört. Ich hoffe, ich werde noch informiert von Kollegen. Wenn es was bringt, dann würde ich wieder streiken. Aber man muss was erreichen können damit, und alle Kollegen müssen zusammenhalten. Das ist ooch wichtig.

Vorhin hat mich eine Kollegin nach Hause gefahren. Die meinte, wenn wir vier Prozent kriegen, können wir froh sein. Das Ergebnis ist doch lachhaft. Da lachen sich doch alle kaputt.

Jetzt hört man überall: nächste Woche, nächste Woche. Soll heißen: Nächste Woche geht es weiter. Wahrscheinlich, weil die Schule wieder beginnt. Aber ob es wirklich so ist und wie wir da rauskommen – keine Ahnung. Manchmal ergibt sich was.“

PROTOKOLL: WALTRAUD SCHWAB

Die taz begleitete Sabine Bulla durch den Streik.