standbild: Ohne Ende Liebe
exclusiv – Die Reportage
(Di, 22.10 Uhr RTL 2)
37 Grad: Körperfieber
(Di, 22.30, ZDF)
Man hatte geglaubt, es sei endlich vorbei, mit den Berichten von der Love Parade. Ein ganzes Jahr lang keine von der Kälte blau gefrorenen Brustwarzen mehr, deren Besitzerinnen ins Mikrofon brüllen, wie total geil die Stimmung hier ist und wie total egal, dass das Wetter nicht so geil ist und überhaupt.
Zu früh gefreut. Gleich zwei Sender wollten das Ereignis noch einmal aufbereiten. In der „Exclusiv-Reportage: Fummel, Flirts und fette Beats“ auf RTL 2 hat man die Höhepunkte der Live-Berichterstattung zusammengeschnitten, dazu ein paar Gogo-Tänzer beobachtet („War’s anstrengend?“), die Gewinner interviewt („Bist du aufgeregt auf morgen?“) und den ganzen Bericht mit einer markigen Fernsehstimme aus dem Off hinterlegt: „Ob homo oder hetero, auf dem Fest der Liebe ist alles erlaubt.“
Beim ZDF dagegen fragt man sich gleich zu Beginn: „48 Stunden ohne Schlaf. Warum tun Jugendliche sich das an?“. Das stimmt bedenklich, ist im Ergebnis aber ungleich interessanter. Sibylle Trost belässt es in ihrem Bericht nämlich nicht dabei, die unausgesprochene Antwort „Weil sie bescheuert sind“ im Raum stehen zu lassen. Stattdessen konzentriert sie sich auf eine Gruppe von Mädchen aus Plauen und auf ein paar Gymnasiasten aus Soest, zeigt sie bei den Vorbereitungen und begleitet sie bei ihrer Reise. Da sitzen dann Susi und ihre Freundin zu Hause, nähen Sonnenblumen an ihre Outfits, sind voller Vorfreude und haben zugleich ein mulmiges Gefühl. Das ist irgendwie rührend, ohne bescheuert zu sein, und deswegen ist man dann auch gerne dabei, wenn Susi, Mandy und Dani zu ihrer ersten Love Parade ziehen. Genau wie die Gymnasiasten sind sie zum Schluss fast enttäuscht, sie haben sich gestritten, sind müde und wollen nach Hause. Die Jungs unterdessen wollen sich in den Clubs amüsieren: Das ist der beste Teil des Ausflugs, finden sie, weil man da mehr Platz zum Tanzen hat und das ist man schließlich so gewöhnt, von zu Hause.
ANNE ZUBER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen