standbild: Abenteuer auf dem Spielplatz
„Fort Boyard“
So., 18 Uhr, Pro7
Ein vierstöckiges Gemäuer, umspült vom Atlantischen Ozean, scheint Europas beliebtester Abenteuerspielplatz zu sein. Schon 1967 standen sich dort im Showdown von „Les Aventuriers“ Lino Ventura und Alain Delon gegenüber. In den Siebzigern entdeckte das französische Fernsehen die Festung und jagte Kandidaten durch Schächte, über Treppen und in dunkle Verliese. Knifflige Aufgaben mussten dort 1980 für „La Chasse au Trésor“ gelöst werden, und manchmal kam’s auch zu aufgeschürften Knien – etwa bei Sat.1, deren Wiederholung der Serie vor zehn Jahren floppte.
Nun hat Pro7 sowohl die Ruine als auch das französische Original-Format für sich entdeckt und zeitgemäß aufgepeppt, und seitdem stolpert deutsche TV-Prominenz durch das ehemalige Gefängnis. Für einen guten Zweck, versteht sich. Und so sehen wir Ingo Appelt, das Komikerpärchen Erkan und Stefan oder Arabella Kiesbauer, wie sie, naja, knifflige Rätsel lösen und am Ende den Goldschatz heben. Dabei sind die konkurrierenden Mannschaften ein präzises Spiegelbild der Pro7-Unterhaltungsmaschine: Team Comedy, Team Serie, Team Soap. Unklar bleibt, ob die Show von ihrer Kulisse oder den Kandidaten lebt. Das sportliche Moderatorentrio unter Leitung von Steven Gätjen jedenfalls beraubt das Szenario noch seines letzten Charmes.
Was übrig bleibt, ist ein verschärftes Zwitterformat aus „Spiel ohne Grenzen“ und „Stars in der Manege“, befeuert vom Erfolg von „Inselduell“ oder „Expedition Robinson“. Keine Frage, die job description des durchschnittlichen TV-Stars hat sich radikalisiert: Von Pro7 auf das Knast-Eiland geschickt, müssen sie nun selbst ran – anstatt, wie bei „Wetten dass ...?!“, vom warmen Sessel aus die Mühen der Kandidaten zu verfolgen. Warum sollten nicht auch politische Debatten in „Fort Boyard – der Talk“ ausgetragen werden? Erich Böhme und seine Gäste bewaffnen sich mit Gotcha-Pistolen und los geht’s. Aber bloß nicht ins Wasser fallen. ARNO FRANK
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