piwik no script img

standbildAus Rache diesmalmit der Bahn

Immer Ärger mit der Bahn (Mi., 21.45 Uhr, ARD)

Der gute Deutsche fährt zu kalt. Und meldet sich auch dann nicht beim Schaffner, wenn im ICE Kühlhausklima aufkommt. Daranr, so macht uns die vom SWR produzierte Enthüllungsdoku weis, ist natürlich die Bahn als solche– ach was – der Mehdorn selbst schuld.

Selten kam eine Sendung so schlecht gelaunt und voreingenommen daher. Klar, die Deutsche Bahn AG leistet sich gern und häufig feinste Pannen und Peinlichkeiten. Doch was das autofixierte SWR-Kollektiv bei seiner investigativen Schienen-Testfahrt von Heidelberg auf die Insel Usedom verzapft, zeugt von verbiesterter Ahnungslosigkeit: „Mehrere Wagen sind für Bravo lesende Schulklassen reserviert, die zum Gruppentarif nach Berlin unterwegs sind. Andere, die den normalen Fahrpreis bezahlt haben, sitzen auf dem Boden.“

Ja, möchte man brüllen, so ist das eben, wenn man nicht reserviert. Mit jedem Meter Film fragen die Reporter verständnisloser, ob hier tatsächlich jemand freiwillig mitfährt. Die durchgehende Zustimmung sorgt für lange Gesichter, also wird über Jugendliche orakelt, die nur „träumen von dem Tag, an dem sie ein eigenes Auto haben“. Gesagt hat das von den Interviewten übrigens keiner.

Doch holde Gerechtigkeit: In Berlin ist der Anschlusszug gen Ostsee wirklich weg, dafür ist jetzt nur noch die nölende SWR-Crew im Bild. Inhaltlich wird’s immer dünner: Statt z. B. Informationen über die Ansprüche, die wegen Verspätungen feststeckende Reisende an die Bahn haben (Taxi, Hotel, Weiterfahrt mit teureren Zügen), zu liefern, erregte Kommentare über Bummelzüge, die auch in der Pampa halten. Filmisch hat das Ganze ohnehin die subtil einschläfernde Qualität der „Bahnfahrten“ im ARD-Nachtprogramm.

Und da beschleicht uns eine Ahnung: Das soll so. Aus Rache. Für die gefloppte ARD-Zugschmonzette „Cityexpress“, die so krachdumm war, dass sich die Bahn zu Recht schon im Vorfeld distanziert hatte. STG

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen