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standbildÖffentliche Abnahme

„So wie wir waren“ (Fr., 2.15 Uhr, NDR)

So zwischen Sonnenuntergang und Morgengrauen hat der NDR eine Dokumentation zur Sendung freigegeben, die sich der deutschen Zeit nach dem Nationalsozialismus annimmt: „So wie wir waren“.

Raymond Ley zeichnet die 50er nach in Interviews mit Annemarie Renger, Täve Schur, Frank Schöbel, Walther Leisler Kiep, Gerhard Zwerenz und anderen (allesamt überraschenden) Zeugen: eine Ära, die fast nur noch historiert wahrgenommen wird und nicht mehr als Jahrzehnt, dessen Alltage in unseren Eltern und Großeltern bis heute nachwirken. Zwischengeschnitten sind Wochenschaufnahmen, aus BRD und DDR. Eine furiose Bilderfolge mit eingebauten (und nachgestellten) Spielszenen, um das Leben der so genannten einfachen Leute zu illustrieren.

Das alles ist glänzend gemacht und verdient Lob allein deshalb, weil diese Revue beiden deutsche Welten Geltung verschafft und eben nicht allein sich dem Blick des Westens verpflichtet fühlt. Und weil es gerade die Alltagsnöte und -kämpfe außerhalb der großen politischen Erzählungen in den Fokus rückt, ohne die Politik zu vergessen.

Allein: Gelegentlich taucht in dieser Dokumentation ein Timecode auf, auch fehlt es am Abspann, das Ganze wirkt noch provisorisch. Die Auskunft des NDR dazu fällt lapidar aus. Weil der Film seine Förder- und Produktionsmittel im Jahre 2001 erhalten hat, muss er zumindest teilweise auch noch im gleichen Jahr gesendet werden. Die fertige, gültige, im Übrigen dreiteilige Fassung werde im kommenden Jahr ausgestrahlt, dann aber auch zu besserer Sendezeit ( – wobei die irritierte Anfrage an den Sender keinerlei Klage über den Termin enthielt).

War das Fundstück zur Nacht also eine Art Abnahme, die ja gewöhnlich intern stattfindet? Nein, aber der NDR bittet darum, keine Kritik zu veröffentlichen, unfertig ist eben unfertig. Aber das wäre doch schade: Um das Stück zu ignorieren, war es viel zu gut.

Und wir wünschen uns zugleich, dass viel mehr dieser im Grunde ja fertigen, vermeintlichen Fragmente uns vorgestellt werden: Zwischen den Jahren ist immer Zeit und Muße genug, eben dies als Nonperfektismus genießen zu können. JAN FEDDERSEN

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