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standbildTalk im Elfenbeinturm

„Talk im Turm – Spezial“, Montag, 22.15 Uhr, Sat.1

Was für ein Spaß! Günther Jauch, Deutschlands beliebtester Fernsehmoderator, und Harald Schmidt, Deutschlands bester Talkmaster, treffen sich bei Altmeister Böhme, um über Politik zu plaudern. Jauch, muss man wissen, wäre der Deutschen Wunschkanzler, weil er als RTL-Quizshowmaster die liberale Utopie verkörpert, dass aus gewöhnlichen Menschen Millionäre werden. Schmidt verkörpert Schmidt, also einen unterhaltsam und erhellend zynischen Blick auf die Dinge.

Da hat es der Streber natürlich schwerer als der Klassenkasper. Gefragt, wie er denn das schlechte Abschneiden der FDP beurteile, wehrte Spitzenverdiener Jauch steif ab: „Warum fragen Sie mich das? Fragen Sie doch einen Besserverdiener!“ Schmidt dagegen brauchte sich keinen Zwang anzutun: „Die FDP hat alles richtig gemacht – bis das Wasser kam.“

Der eine wich Fragen aus und stellte lieber selbst welche, der andere lauerte auf Pointen. So plapperte sich Jauch auf seine „honeckeresken Sympathiewerte“ (Schmidt) angesprochen, eifrig immer tiefer in die Ersatzkanzlerrolle – bis Harald Schmidt gnädig intervenierte: „Also, ich sehe mich eher als Bundespräsident.“

Als Böhme nach Herta Däubler-Gmelin und dem deutschen Antiamerikanismus fragte, schwadronierte Jauch in jovialem Ton vom „Führer“ und demokratischen „Reichsbedenkenträgern“. Schwer ironisch, versteht sich. Und doch Welten entfernt von Schmidts trockener Analyse: „Indirekt bildet Hitler 60 Jahre nach dem Ende noch Kabinette um.“

Das intellektuelle Gefälle von Schmidt zu Jauch, es wurde steiler noch von Jauch zu Böhme: Der überforderte Moderator bremste mehr, als dass er das Gespräch beförderte. Als irgendwann Jauch beflissen argumentierte, „Ihre Generation, Herr Böhme, ist die letzte, die ihren Lebensabend noch genießen kann“, da entfuhr Böhme ein freudiges „Ja!“. Das kam von Herzen, und von Herzen wünschte ihm auch der Zuschauer, dass er sich endlich aufs Altenteil zurückzöge. Für ein paar Sekunden aber gackerten die drei Helden durcheinander, Armut im Alter, köstlich, was für ein Spaß! ARNO FRANK

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