spielplätze (1) : Aufstehen und hinsetzen
„Hinsetzen“, ruft der freundliche WM-Fan im Sommergarten des Pfefferbergs. Er hat einfach Pech gehabt, seine Bank steht auf der rechten Hälfte des Biergartens. Die Leinwand, auf der gerade die Ivorer verzweifelt versuchen, den Argentiniern den Ball ins Netz zu zaubern, steht auf der linken Seite. Dazwischen liegt der Mittelgang. Und auf dem drängeln sich die Nachzügler. Sitzplätze gibt es hier schon lange nicht mehr. Schließlich wird hier nicht nur Fußball gezeigt. In den Pausen gibt es neben Bier und Gegrilltem auch Kultur – Kurzfilme zum Beispiel. So muss das sein in Prenzlauer Berg.
„Hinsetzen“, ruft der leicht genervte WM-Fan. Aber das ist leichter gesagt als getan. Der Nachzügler steht vor einer schwierigen Entscheidung. Entweder weitergehen und selbst nichts sehen, oder stehenbleiben und dem Hintermann die Sicht nehmen. Denn die Leinwand ist zwar groß, aber längst nicht so gigantisch wie auf der Fanmeile im Tiergarten. Hier muss man schon halbwegs nah dran sein am Geschehen, um den Spielzügen folgen zu können.
Auf dem linken Flügel des Biergartens könnte die Sicht kaum besser sein. Selbst von den hinteren Bänke hat man einen ausgezeichneten Blick. Allerdings nur, wenn man rechtzeitig gekommen ist – und wenn man genug Freunde hat, die den Sitzplatz freihalten, während man in der Bierschlange auf trinkbaren Nachschub hofft.
„Ey, hinsetzen“, brüllt der erboste WM-Fan von der rechten Seite. Aber der Mittelgangsteher verteidigt stur seinen Platz. „Steh doch auf“, kontert er den Angriff des Sitzfußballfans mit einer Verbalattacke. Dafür wird er von einem herbeieilenden freundlichen Polizisten ermahnt – zur Strafe verpasst der Mittelgangsteher dadurch den Blick auf das 2:0 der Argentinier – genauso wie der Rechtssitzer auf der Bank.
Die Lage entspannt sich erst mit dem Pausenpfiff. Die zweite Halbzeit erreicht bei weitem nicht die Spannung der ersten. Die Argentinier tun kaum mehr als nötig – und den Mittelgang will auch niemand mehr blockieren. Draußen vor dem Tore auf der Schönhauser Allee vergnügen sich derweil Polizisten in ihren Mannschaftswagen. Kein Wunder: Sie haben eigene TV-Geräte. Und niemand hat den Mut, sich ihnen in die Sicht zu stellen.
Gereon Asmuth
Pfefferberg: täglich ab 12 Uhr. Alle Spiele live auf Großbildleinwand draußen und drinnen. Dazu Konzerte, Lesungen, Filme. Eintritt frei