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Archiv-Artikel

soundtrack

Vor ein paar Wochen war an genau dieser Stelle zu lesen: „Will man die ziemlich unüberschaubare Welt der Popmusik in zwei Lager teilen, dann könnte die Schere genau hier ansetzen: Es gibt Bands, die blicken mit Argwohn in die Welt – und solche, die gerne das Schöne sehen und sich daran freuen.“ So ist es natürlich nicht nur mit Bands sondern auch mit Solisten – mit Liedermachern und Artverwandten. Hamburg hat viele davon, peinliche, wie ziemlich geniale – und zwei, die unterschiedlicher nicht sein können, die wie zwei Lager die Hamburger Pop-Welt zerteilen, sind in dieser Woche im Knust zu erleben. Den Anfang macht am Donnerstag Patrick Zimmer alias Finn, der sich Größen wie „Sigur Rós“ oder „Radiohead“ zum Vorbild nimmt: Das Große im Kleinen fin(n)den – so könnte man seine Pop-Basteleien umschreiben. „Expose Yourself To Lower Education“ hieß sein auf einem 8-Spur-Rekorder aufgenommenes Debüt, das versprach, die Welt in süßer Umarmung zu wiegen. So klang Finn auch auf seinem zweiten Album „The Ayes Will Have It!“: Da verschmelzen Gitarren-Klänge, vorsichtige, an „The Notwist“ erinnernde Synthesizer, Streicher, Bläser und die behutsame, betörend-nahe Kopfstimme Patrick Zimmers zu einer höchst fragilen, experimentellen und elegischen Pop-Variante. Im Knust wird Finn seine neue CD vorstellen – ein Album mit Remixen und Neuversionen von Finn-Stücken, die Bands wie „I Was A Teenage Vampire“, „Nitrada“, „Flo Fernandez“, „Computer“ und „Me Succeeds“ als Gäste live vorstellen werden.

Nur einen Tag später dann eine ganz andere Nummer: Während Finn bei Konzerten eher unnahbar, etwas abwesend erscheint, ist Bernd Begemann gewissermaßen der Prototyp einer Rampensau. Kaum steht der Hamburger Sänger und Gitarrist auf der Bühne, hat er diesen Bewegungsdrang: Es durchzuckt ihn, er schüttelt den Kopf, schwingt mit den Armen: Dieser Mann kann nicht stillstehen, dessen Liebeslieder zu den schönsten Blüten des Fachs gerechnet werden dürfen. Bei Begemann tut die Liebe weh und ist grausam, trotzdem geht es nicht ohne: Was sich nach einer alten Binsenweisheit der Popmusik anhört, klingt in diesen Gitarren-Stücken wie eine neue Lebensphilosophie: Die Liebe ist grausam, aber keine Liebe schmerzt. So klingt eine typische Begemann-Zeile. „Unsere Liebe ist ein Aufstand!“, ruft er in die Runde – und „vielleicht das Beste an mir sind wir“. Hilfe kommt an diesem Abend von Begemanns aktueller Begleitband „Die Befreiung“. Als Quartett rockt das richtig, treibt die Begemann-Songs nach vorne, klingt juvenil, zackig und wie ein Neuanfang. Wie eine Befreiung eben.

Und schließlich noch der ganz heiße Tipp der Woche, nämlich Deerhoof im Uebel & Gefährlich: Nicht nur Stephen Malkmus und Beck lieben sie, sondern auch der „Simpsons“-Vater Matt Groening, Karen O. von den „Yeah Yeah Yeahs“ und John Peel, diese furiosen „Hakenschläger im Spannungsfeld zwischen psychedelischem Sixtiesrock und leckerem Experimentalnoise“. MAREK STORCH Finn: Do, 12. 4., 20 Uhr, Knust Bernd Begemann & die Befreiung: Fr, 13. 4., 20 Uhr, Knust Deerhoof: Sa, 14. 4., 21 Uhr, Uebel & Gefährlich